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Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND - Netzwerk UNSER Wasser / Interessengemeinschaft Kommunale Trinkwasserversorgung in Bayern - I K T
Sebastian Schönauer
Kein Ausverkauf unserer Lebensgrundlage
Privatisierung der Trinkwasserversorgung - NEIN DANKE!
Liberalisierung ist die Zerschlagung der öffentlichen Wasserwirtschaft!

1.Die Privatisierungsdiskussion
2. EU und Liberalisierung
3. "Shareholder Value" oder "Bürger Value"?
4. Die "Liberalisierung des STROMMARKTES" ein Erfolg?
5. Die Struktur der Trinkwasserversorgung in der Bundesrepublik Deutschland
6. Grundwasserschutz als "Bürger Value"
7. Flächendeckender Grundwasserschutz
8. Warnung vor einer öffentlichen Wasserversorgung in privater Hand

Sauberes Wasser - natürlich mit Trinkwasserqualität - kommt aus jedem Wasserhahn und das in scheinbar unerschöpflicher Menge. Für uns in Deutschland und weiten Teilen Mitteleuropas ist dies so selbstverständlich, dass uns erst dann bewusst wird, wie lebenswichtig Wasserqualität und -quantität sind, wenn die Medien von Naturkatastrophen oder Dürreperioden berichten oder wir unser Trinkwasser abkochen müssen, weil Bakterien das Wasser verunreinigen. Wasserknappheit: für Mitteleuropäer ein Fremdwort, doch schon in Südeuropa im Sommer oftmals Realität.
1995 wurden in Deutschland 14,8 Milliarden Kubikmeter Wasser gefördert (ohne Wärmekraftwerke), davon 39,2% für die öffentliche Wasserversorgung und die restlichen 60,8% für die verarbeitende Industrie und den Bergbau. Und 92% der Bevölkerung in Deutschland sind an das Kanalisationsnetz angeschlossen.
Aber nicht alles Wasser hat Brauch- oder gar Trinkwasserqualität: 1995 waren nur 3,8% der deutschen Oberflächengewässer unbelastet (Güteklasse I), 42,6% dagegen galten als kritisch belastet (Güteklasse II-III).
Wasserschutz ist, dies zeigen die Daten, mehr als nötig und ohne wirksame Gesetze ist dies nicht möglich. Das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die Wassergesetzgebung der Länder schützen zwar deutsche Gewässer, aber Wasser macht bekanntlich nicht an Ländergrenzen halt. Ein Grund mehr, im gemeinsamen Europa auch gemeinsame, d.h. grenzüberschreitende Regelungen für den Schutz des Wassers zu erlassen.

Die Wasserversorgung - eine öffentlich - rechtliche Dienstleistung

Wasser ist - neben Boden und Luft- eine natürliche Lebensgrundlage. Die Wasserversorgung ist fast überall auf der Welt nicht zuletzt wegen ihrer grundlegenden Bedeutung als öffentlich - rechtliche Dienstleistung organisiert worden.
Die heute vorliegende Struktur der öffentlichen Wasserversorgung ist in den letzten hundert Jahren hauptsächlich von den dafür verantwortlichen Kommunen so geschaffen worden. Nicht zuletzt als "Antwort auf die Unfähigkeit des privaten Kapitals zur Errichtung erfolgreicher und sozialverträglicher Wasserversorgungen in Deutschland" so nennt es Dr. Hanno Hames von den Hamburger Wasserwerken, haben sich in öffentlicher Verantwortung sehr unterschiedliche - an die naturräumlichen, sehr unterschiedlichen Verhältnisse und "vor Ort" meist hervorragend angepasste - Strukturen herausgebildet, deren ökologische und auch ökonomische Vorzüge offenkundig zu Tage getreten sind und weiterhin bewiesen werden können.

Auch die Kehrseite der Medaille ist klar zu erkennen:
Überall dort, wo die Wasserversorgung dem "freien Spiel der Kräfte" und damit dem brutalen Kampf um möglichst hohe Profite überlassen worden ist, sind Mangelwirtschaft, Qualitätsminderung und exorbitante ( Wucher- ) Preise das Ergebnis.

Liberalisierung - Privatisierung
Bei der Auseinandersetzung in der Diskussion um Privatisierung und Liberalisierung des Wassermarktes werden häufig die beiden Begriffe, um die es geht in ihrer Bedeutung nicht richtig erkannt oder nicht genau genug auseinandergehalten.

Die notwendige Begriffsdefinition lautet deshalb:

  • Privatisierung bedeutet den Rückzug des Staates aus seinen hoheitlichen Aufgaben und die Erschließung des Geldmarktes für ( scheinbar ) "notleidende" Kommunen. (Merke: Die Privatisierung ist im bestehenden Ordnungsrahmen bereits jetzt möglich.)
  • Liberalisierung bedeutet - darüber hinausgehend - die Schaffung von Rahmenbedingungen für den uneingeschränkten Wettbewerb

    (Beispiel: Freigabe der Leitungsrechte ohne Rücksicht auf ökologische und ökonomische Folgen)

  • Die Privatisierungsdiskussion

    Von der "Verschlankung des Staates" zur Profitmaximierung
    Ausgangspunkt der verstärkt Ende der neunziger Jahre aufgekommenen Diskussion um die Privatisierung öffentlicher Aufgaben ist eine von interessierten Wirtschaftsverbänden und von der damaligen Regierungskoalition unter Kanzler Kohl eingeleitete Diskussion, die sich mit dem Thema der "Verschlankung" des Staates und "Überführung" von staatlichen Aufgaben in private Hände befasste. Die damalige Regierung wollte sich wohl in einer immer mehrvon einer vordergründigen Profitmaximierung faszinierten Gesellschaftbei den Bürgerinnen und Bürgern profilieren und ganz offenkundig wohl auch die Lobbyisten in den Chefetagen der Wirtschaft "bedienen".
    Mit dem Argument einer - nicht bestrittenen und auch zum Teil notwendigen - Effizienzsteigerung in der öffentlichen Verwaltung hatte die vormalige Bundesregierung - sowohl auf die supranationale Gesetzgebung der EU wie auf die nationale Ebene der BRD - massiv Druck gemacht, um - neben anderen öffentlich organisierten Bereichen - auch die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung dem kommunalen Bereich - und damit dem öffentlichen Einfluss und der kommunalen Fürsorge - zu entziehen.

    Deregulierung oder Abbau des Rechtsstaates
    Unter dem Modewort "Deregulierung" (- das Thema war "chic" geworden - ) wurde der Öffentlichkeit vorgegaukelt, dass "staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten" durch Ausgliederung und sogenannte Entstaatlichung - oder gar durch totale Privatisierung - besser erfüllt werden könnten als in kommunaler, also öffentlicher Verantwortung.
    Die damalige, CDU-geführte Bundesregierung wollte offenkundig neben dem exorbitanten Geldtransfer von 1,5 Billionen DM an Staatsschulden, die nicht zuletzt auch zum Wohle der Großbanken und der Geldinstitute angehäuft wurden, dem privaten Kapital eine weitere lukrative und quasi staatlich garantierte Einnahmequelle erschließen.

    Von der "Deregulierung" der Gesetze hin zum Rechtsabbau für den Bürger
    Nichts wurde dem Zufall überlassen: Sogar das "Haushaltsgrundsätzegesetz" wurde zu diesem Zweck umgeschrieben. Die Kohl - Regierung wollte ganz offen den Großkonzernen aus aller Welt die äußerst gewinnversprechenden Märkte der kommunalen Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung erschließen. Die Kommunen wurden demnach zur Prüfung verpflichtet, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten - also auch über dem Wassersektor hinaus - durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können.

    In der Begründung zur Gesetzesänderung dazu heißt es wörtlich: "Mit dem Gesetz sollen die Initiativen zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Aufgaben deutlich verstärkt werden."
    Dass damit allerdings das Grundgesetz (GG) angetastet würde und sogar ausgehebelt werden könnte, hat - zumindest damals - weder die Rechtsexperten der im Bundestag vertretenen Parteien, aber auch nicht die Juristen des Städte- und Gemeindetags alarmiert!

    Im Artikel 28 des Grundgesetzes der BRD heißt es dazu deutlich:
    "Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln."

    Gerade aber diese "Verantwortung" wird durch Teil- oder Vollprivatisierung abgegeben Die Handlungsspielräume der Kommunen würden dabei bis auf Null zurückgehen!. Dies betrifft insbesondere auch die Verantwortung für die Daseinsvorsorge für die Bevölkerung.

    Die vorgesehene Privatisierung verletzt aber auch andere Ziele des GG, in denen u.a. die Kommune zur gleichmäßigen materiellen Sicherstellung der Grundbedürfnisse verpflichtet wird.
    Eine private Betreiberfirma - möglichst noch auf internationaler Ebene - hat die bewusst vorgesehene Bindung an das Grundgesetz nicht.

    Das Fazit muss lauten:
  • Die "Erosion der kommunalen Hoheit" ist kein Zufall.
  • Die Zerschlagung der kommunalen Selbständigkeit in hoheitlichen Belangen wurde von langer Hand und planmäßig vorbereitet.
  • "Erlaubt" die Bundesregierung die Profitmaximierung bei internationalen Multis oder setzt sie sich für die Erhaltung der Grundversorgung der Bevölkerung in öffentlicher und kommunaler Hand ein?
    So lautet die Grundfrage heute wieder - nach dem Regierungswechsel von Kohl zu Kanzler Schröder. Warum sich in der Bundesrepublik Deutschland die neue "rot - grüne" Bundesregierung in diese "Liberalisierungsdiskussion" hinein manövriert hat - ohne erkennbaren Anlass und - wie ich persönlich meine - ohne Not -, ist gerade für diejenigen ein ( politisches ) Rätsel, die die starke kommunalpolitische Verankerung der SPD kennen. Wer den "Ausverkauf des kommunalen Tafelsilbers" betreibt, schwächt nicht nur die Kommunen, sondern gibt wissentlich die Rechte an unserer wichtigsten Lebensgrundlage auf und gefährdet auf Dauer die Volksgesundheit.

    Bundeswirtschaftsministerium - Dienstleister für die Multis?
    Zum Werdegang: Im Sommer des Jahres 2000 sah es noch sehr schlecht für die Erhaltung der kommunalen Trinkwasserversorgung aus. Gerade noch "in letzter Minute" konnten die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zur Streichung der Paragraphen 103 ( ff ) des "Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen" - nicht zuletzt durch die öffentlichen Aktionen gerade der Umweltverbände - gestoppt werden. Bundesminister Werner Müller musste "zurückrudern". Die Proteste aus den Städten und Gemeinden - meist angefacht durch kritische und vor allem ökologisch motivierte Bürgerinnen und Bürger - waren nach zaghaftem Beginn ( zu ) stark.

    SRU zieht ihr (vorschnelles) positives Urteil für die "Liberalisierung" zurück
    Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen - SRU - hatte sich plötzlich in die Diskussion um die Zerschlagung oder "Liberalisierung" des Wassermarktes eingemischt, übernahm, bzw. unterstützte dabei die Argumentation des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft ( BDE / VpA ) und sprach sich zu aller Überraschung sehr deutlich für die weitere "Privatisierung und Liberalisierung in der Wasserwirtschaft" aus.

    Das Netzwerk UNSER Wasser, dem auch der BUND angehört, wandte sich deshalb ( in einem Schreiben von Nik Geiler - BBU - ) anlässlich des Wechsels im Sachverständigenrat an die neue SRU - Vorsitzende, Frau Professor Dr. Lübbe - Wolff, um sie zu bitten, die bisherigen SRU - Positionen zur "Liberalisierung" des Wassermarktes zu revidieren. Was in der Antwort der neuen SRU - Vorsitzenden zu lesen war, hat nicht nur uns erstaunt. Frau Lübbe - Wolff distanziert sich in diesem Schreiben recht deutlich von der damals veröffentlichten Stellungnahme, indem sie beschreibt, wie es zu der falschen "Pro Liberalisierungsaussage" des SRU gekommen war. Die SRU Vorsitzende schreibt unter dem Datum 23. Oktober 2000 wörtlich:

    "Herr Gawel ( der SRU Autor d. V.) den ich sonst als einen scharfsinnigen und für die Realitäten aufgeschlossenen Ökonomen sehr schätze, hatte es wieder einmal mit dem Publizieren so eilig, dass er seine Stellungnahme zu einer von mir im Rahmen unserer ZiF - Forschungsgruppe angestellten Untersuchung auf der Basis einer Kurzfassung der Untersuchungsergebnisse verfasst und die Langfassung gar nicht erst abgewartet hat. In der Langfassung sind aber deutlicher als in der Kurzfassung die auch von Ihnen richtiggestellten verbreiteten Irrtümer innerhalb der Umweltökonomie korrigiert, denen Herr Gawel in seinem Beitrag auch erlegen ist..."

    Meine Frage dazu lautet:
    Wie kann es sein, dass Mitglieder eines staatlichen Gremiums wie des SRU - wie hier geschehen - so leichtfertig oder gar in böswilliger Absicht Kurzfassungen von Untersuchungen so darstellen, dass die Ergebnisse umgedreht oder verfälscht werden?
    Mein Kommentar dazu ist: "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!" Trotzdem ein positives Fazit:
    Der Sachverständigenrat hat sein "Urteil" revidiert. Ein erster Erfolg.

    Bundeswirtschaftsministerium auf dem Rückzug?
    Auch das Bundeswirtschaftsministerium musste in der Frage der Liberalisierung des Wassermarktes - zumindest vorläufig - den ( politischen ) Rückzug antreten:
    Nun soll - wie üblich - ein Gutachten die weiteren Schritte zu der vorgesehenen Deregulierung des "Wassermarktes", wie bezeichnender Weise unsere Trinkwasserversorgung genannt wird, untersuchen.

    Doch gerade hier ist weiterhin besondere Vorsicht geboten:
    Die deutschen Umweltverbände hatten bereits vor Monaten eine deutliche Warnung gegenüber den Aussagen des Bundeswirtschaftsministers Werner Müller ausgesprochen, der mit meist sehr vordergründigen Argumenten der Öffnung des Wassermarktes für private Wassermultis das Wort redete. Minister Müller wies zur "Begründung" für das anstehende Handeln in seinen Reden immer wieder auf die quasi schicksalhafte "Entwicklung der Wassermärkte sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene"
    hin und verlangte, dass "in einem seriösen Zeitrahmen" der "konstruktive Diskussionsprozess" zu Ende und es zu "nachhaltigen Entscheidungen und zu Schritten" komme, "die uns in der Sache voranbringen und eine angemessene Zeit Bestand haben".

    Eine recht zweideutige Aussage des ( parteilosen ) Wirtschaftsministers. Meint Wirtschaftsminister Müller mit "Sache", eventuell die Zerschlagung der öffentlichen Wasserversorgung oder aber die Stärkung der kommunalen der Verantwortung, wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgelegt ist?
    Seine Aussage könnte aber auch bedeuten, dass die "Hinrichtung" erst mal bis nach den nächsten Bundestagswahlen aufgeschoben wird, dann aber die kommunale Trinkwasserversorgung "exekutiert" werden könne.

    Gutachten des Bundeswirtschaftministeriums zur Liberalisierung
    Wohin das BMWi, bzw. der Wirtschaftsminister selbst die deutsche Wasserwirtschaft wohl "treiben" möchte, wird deutlich, wenn man die "Projektbeschreibung" des BMWi als Vorgabe für die gutachterliche Untersuchung zum Vorhaben der Liberalisierung des Wassermarktes liest.
    Dort heißt es z. B. unter

    Pkt. 6 "Wirtschaftspolitische Bedeutung des Vorhabens:
    Sowohl von der Wirtschaft als auch von Seiten umweltpolitischer Kreise wird vom BMWi eine sorgfältige und fundierte Vorbereitung weiterer Schritte als Vorbedingung einer Marktöffnung durch Streichung der GWB - Übergangsregelung zum Trinkwasser gefordert".
    Es geht also dem BMWi ganz offenkundig nicht um die Verhinderung einer für die kommunale Trinkwasserversorgung "tödlichen" Marktöffnung oder Liberalisierung, sondern um die "fundierte Vorbereitung weiterer Schritte als Vorbedingung einer Marktöffnung"!
    Unter "VII. Alternative Marktöffnungsmodelle" heißt es dann am Schluss dieser "Projektbeschreibung" zynisch verharmlosend:
    "Im Gegensatz zu Modellen, die den Wettbewerb über einen unbeschränkten Netzzugangsanspruch für Dritte herstellen, sind als Alternativen auch die stufenweise Einführung z. B. nur für Großkunden ( NL ) oder über den Wettbewerb um Konzessionen ( F ) denkbar." ( "Tod" in Raten , damit es nicht so auffällt?)

    Die Folgen einer Aufhebung des Gebietsschutzes sind klar:

    1. Die Aufhebung des sog. "Gebietsschutzes" nach § 103 des GWB bedeutet in seiner Konsequenz ein überregionales, ja sogar internationales "Preis- und Qualitätsdumping" auf dem Trinkwassersektor, gegen das die kommunale Wasserwirtschaft keine Chance hat.
    2. Die zu privatisierenden Bereiche werden einer Profitmaximierung betriebswirtschaftlicher Art unterworfen. Dies ist logischerweise die Voraussetzung für eine gewinnbringende Übernahme durch private Betreiber und / oder Kapitalgesellschaften.
    3. Dies bedeutet in aller Regel in erster Linie - wie das britische Beispiel zeigt - Entlassung des Personals bis zu 50 Prozent der Beschäftigten und zweitens die Verringerung der Qualität des Produktes Trinkwasser.
    4. Die regelmäßig abzubuchenden Entgelte aus der Wasserversorgung und Abwassergebühren aus der Entsorgung sollen dann in mehr oder minder großen Teilen als legale Profite in die Taschen der Aktionäre fließen.

    Gegen diese vorgesehene massive staatliche Deregulierung und gegen die "Plünderung des kommunalen Tafelsilbers" muss bereits jetzt - gerade im deutschen Bundestag und nicht nur in den Kommunen oder von den kommunalen Spitzenverbänden - vorgegangen werden. Es darf keine "Profitmaximierung" auf Kosten der Verbraucher geben.

    EU und Liberalisierung

    Entgegen der immer wieder vorgetragenen Aussage, dass die Öffnung des Wassermarktes von der Europäischen Kommission gewollt oder gar angeordnet worden sei, plant die EU Kommission keine "Liberalisierung" der Wasserversorgung nach dem Vorbild des Energiemarktes. Dies wurde erst kürzlich bei der Anhörung der SPD Fraktion im Deutschen Bundestag zum wiederholten Mal von einem hochrangigen Vertreter der Europäischen Kommission bestätigt.
    Doch gibt es inzwischen auch den deutlichen Hinweis aus Brüssel, dass sich die EU - Kommission umgehend mit der Liberalisierung des Wassermarktes in Europa beschäftigen würde, wenn dies z. B. die Deutsche Bundesregierung dort beantragen würde. Wie die Empfehlungen der Kommission angesichts der Allgemeinen Liberalisierungseuphorie und dem Einfluss der übermächtige Wirtschaftslobbyisten aussehen würden, kann man sich aber lebhaft vorstellen.
    Wie die von der Kommission bereits geforderte europaweite Ausschreibungspflicht in der Wasserwirtschaft umgesetzt werden soll, sollte von den kommunalen Spitzenverbänden über die Schiene der Deutschen Bundesregierung mitentschieden werden.

    Ausgangslage in anderen europäischen Ländern
    Auch in anderen europäischen Ländern wird die Diskussion in Richtung Privatisierung und Liberalisierung angeheizt, während interessanterweise Frankreich, aber auch England nicht im Traum daran denken, ihren Wassermarkt zu öffnen. Was steckt dahinter?

    Beispiel Österreich
    Ein Fingerzeig in die richtige Richtung scheint mir - neben vielen anderen Informationen und Details zur diskutierten Privatisierung der Wasserversorgung - eine Aussage in einem Brief zu sein, den ich im August 2000 vom Oberösterreichischen Wasser Genossenschaftsverband in Linz erhielt.
    Dessen Geschäftsführer Dipl. Ing. Aichlseder ersucht mich darin um aktuelle Informationen und Unterlagen über unsere Einschätzung der Situation "Privatisierung und Liberalisierung" in Deutschland und Europa. Bereits im zweiten Satz schreibt der GF Aichlseder dann recht deutlich:

    "Ich habe den massiven Eindruck, dass ein durchaus exzellenter Stand der Wasserversorgung in Österreich "krank" geredet wird, um Platz für sichere Investments zu schaffen. Für Multiutility - Anbieter soll Trinkwasser den sicheren Fuß in der Tür beim Konsumenten - auf Kosten der Konsumenten - schaffen, wobei durchaus auch bestehende Stadtwerke - Gesellschaften vorerst einmal mit dabei sein wollen."

    Besser kann man die Ziele der Privatisierungs und Liberalisierungslobby wohl nicht beschreiben.
    In der Anlage zu dem o.a. Schreiben des OÖWGV befindet sich eine Richtigstellung der ÖVGW - des Verbandes der österreichischen Wasserwirtschaft - , die auf fünf - auch für die Diskussion in Deutschland typische - Fragen, bzw. Behauptungen, die die "A. T. Kearney GmbH" - ein sog. Beratungsunternehmen - unter dem Titel "Zukunftsperspektiven der österreichischen Wasser- und Abwasserwirtschaft" auf einer Pressekonferenz in Wien in der Öffentlichkeit dargestellt hatte, antworten.
    Die Beantwortung dieser Fragen, bzw. die Widerlegung der darin aufgestellten ( und zum großen Teil nachweislich unwahren ) Behauptungen können exemplarisch auch für die Diskussion in der deutschen Wasserszene genommen werden.

    Die ( fünf ) Effizienz- und Profitlügen aus Österreich:
    Die Behauptung Nr. 1 der ( wohl selbsternannten ) Beraterfirma der österreichischen Wasserwirtschaft

    "Nur die Zusammenführung der Wasserbetriebe in größere Einheiten kann die Übernahme der österreichischen Wasserwirtschaft durch ausländische Konzerne verhindern.."
    glossiert die ÖVGW angesichts der "nur" 6,5 Millionen Einwohner Österreichs schon im Ansatz als einen Flop, da im internationalen Vergleich diese Größe keinen Schutz vor einer Übernahme darstellen dürfte.Dass
    • zweitens die österreichischen WVU nicht effizient genug seien,
    • drittens britische Wasserversorger um bis zu 40 % effektiver arbeiten..,
    • viertens die Wassergewinnung in Österreich und in Deutschland im internationalen Vergleich weitaus kostspieliger sei, und
    • fünftens die von großen privaten Unternehmen zu erzielenden Synergien eine Kosteneinsparung von bis zu 20 % und große Gewinnpotentiale ( bringen ),
    sind Halb- bzw. sogar Unwahrheiten, die nichts anderes sind als die "Köder", die die als "Unternehmensberater" getarnten PR Agenturen einer die Profitmaximierung "anbetenden" Gesellschaft vorwerfen, um sie zur "Aufgabe an den Rechten unserer wichtigsten Lebensgrundlagen" zu verführen. Die gleichen Halb- oder Unwahrheiten werden nicht nur in Österreich, sondern in allen Staaten, wo die Privatisierungsdebatte aufgezogen wurde, als "Köder" verwendet.

    ( Schlechte ) Erfahrungen mit den "Privaten Multis" - europaweit
    Mit welch üblen, ja sogar kriminellen Methoden gearbeitet wird, um Kommunen dem "Shareholder Value" unterwerfen zu können, zeigt ein Beispiel aus Frankreich, quasi dem "Mutterland" der Wassermultis:

    Frankreich:
    Unter der Überschrift "Grenoble schmeißt die Lyonnaise des Eaux raus", heißt es in einer Meldung des sehr empfehlenswerten BBU Wasserrundbriefes aus Freiburg vom 20. April 2000:

    "Der Stadtrat von Grenoble hat den multinationalen Wasserkonzern "Suez / Lyonnaise des Eaux" gekündigt und übernimmt jetzt die kommunale Wasserversorgung wieder selbst. Bis zu diesem Schritt hat es zehn Jahre gedauert. Damals hatte sich Lyonnaise des Eaux mittels Bestechung Zutritt zur Wasserversorgung von Grenoble verschafft. Die Korruptionsaffäre hat inzwischen frankreichweit für Schlagzeilen gesorgt. Am 20. März 2000 hat der Stadtrat Konsequenzen gezogen und mit 46 Ja - Stimmen bei 10 Enthaltungen aus der Opposition für die Rückkehr der Kommunalen Trinkwasserversorgung und Abwasserverwaltung unter städtische Aufsicht gestimmt."

    Kommentar überflüssig!

    Deutschland:
    Auch die Stadt Potsdam hat im Juni diesen Jahres den Vertrag mit dem privaten Versorgungsunternehmen gekündigt und will die Trinkwasserversorgung wieder in eigener Regie übernehmen. Oberbürgermeister Platzek monierte, dass die Firma entgegen der abgeschlossenen Verträge die Wasserpreise eklatant erhöhen wollte. Damit sei die Vertragsgrundlage weggefallen. Nun wollen die Privaten die Stadt verklagen.

    Großbritannien, das Privatisierungs - "Vorbild" der 80er Jahre:
    Die unter der Thatcher Administration verfügte landesweite Privatisierung zertrümmerte die kommunalen Strukturen der britischen Trinkwasserversorgung. Die "Privaten Multis" besorgten sich als erstes "Ausnahmegenehmigungen" für den Betrieb der Anlagen, bei zehn privatisierten Wasserunternehmen verzeichneten die leitenden Direktoren innerhalb von vier Jahren Gehaltszuwächse bis zu 571 Prozent, gleichzeitig verloren aber 150.000 MitarbeiterInnen ihren Arbeitsplatz.
    Eine quantitative oder qualitative Verbesserung der Versorgung war damit nachweislich nicht verknüpft, wie die Wochenpost vom 12.01. 1995 berichtete.

    Die heutige Situation in GB sollte uns in der BRD von solchen "Experimenten" abhalten:
    Jetzt - nach wenigen Jahren des Profitabschöpfens - sollen die Preise um über ein Drittel angehoben werden, nicht zuletzt deswegen, weil statt der notwendigen Investitionen in die jährlich notwendige Sanierung des Leitungsnetzes die Gewinnausschüttung an die Aktionäre im Vordergrund stand. Während z. B. unser Wasserleitungsnetz in der BRD dank regelmäßiger und millionenteurer Erhaltungsinvestitionen im Schnitt nur 7 % Wasserverluste aufweist, liegen die Wasserverluste im Leitungsnetz Großbritanniens im Schnitt bei 35 %. Allein anhand dieses Beispiels können wir erahnen, bzw. wissen wir, woher die angeblich so günstigen Wasserpreise in GB oder anderswo herrühren.

    Fazit: Unsere Kommunen investieren Hunderte von Millionen DM allein in die Pflege der Rohrleitungen, andere scheffeln lieber Gewinne.

    "Shareholder Value" oder "Bürger Value"?

    In der BUND - Broschüre "Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung? Nein Danke!" aus dem Jahre 1995 heißt es:

    "Die Privatisierungspolitik trägt nicht nur zu einem rigorosen Abbau der Arbeitsplätze bei, sondern sie fördert auch in starkem Maße die Kapitalkonzentration und die damit verbundene Monopolisierung. Sie trägt damit auch zur Zerstörung der Existenz von vielen mittelständischen Betrieben bei.
    Die Wirtschaftsform der Sozialen Marktwirtschaft wird dadurch nicht nur von der sozialen, sondern auch von der marktwirtschaftlichen Seite ausgehöhlt. Die Abdeckung privater Gewinnabsichten über die Gebühren ist als gravierender Eingriff in das Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland zu werten."
    Anvisiertes Ziel der "Privatisierer" ist es aber natürlich, dass in Deutschland nach einer Übernahme durch private "Wassermultis" die regelmäßig abzubuchenden Entgelte aus der Wasserversorgung und die Abwassergebühren aus der Entsorgung dann in mehr oder minder großen Teilen als legale Profite in die Taschen der Aktionäre fließen.

    Sind "Quersubventionen" gemeinschädlich?
    An dieser Stelle muss auch auf die immer wieder vorgebrachte Kritik "die Gewinne aus wirtschaftlicher Tätigkeit der Kommunen seien teilweise gesetzeswidrig ( Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung / KAG ) zur Deckung anderer, defizitärer Bereiche der Gemeindehaushalte verwendet worden" eingegangen werden:
    Sofern überhaupt Gewinne gemacht worden sind, sind diese in der Kommune verblieben und als "Quersubventionen" in voller Höhe in die Taschen der BürgerInnen ( z. B. als Zuschüsse für den ÖPNV) zurückgeflossen. Die Gewinne der Privaten verschwinden dagegen in den Taschen der Aktionäre und Vorstandsvorsitzenden.

    Privates Kapital für "notleidende Kommunen" durch den Verkauf der kommunalen Trinkwasserversorgung?

    Auch das ständig vorgebrachte Argument der "notleidenden Kommunen" muss genauer als bisher betrachtet werden:
    Bereits im Jahr 1995 hatten wir im o. a. Hintergrundpapier des Arbeitskreises Wasser im BUND, als dessen Sprecher ich fungiere, nicht nur an die Adresse der Kommunen gerichtet, geschrieben:

    "Der Ausweg aus kommunalen Finanzkrisen und veralteten Verwaltungsstrukturen ist nicht die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Kurzfristige finanzielle Entlastungen der öffentlichen Haushalte gehen mit dem Verlust des kommunalen Handlungsspielraums einher."

    Die Botschaft an die Städte und Gemeinden ist klar:
    Überschuldete Kommunen werden sich niemals mit dem ( einmaligen !) Verkauf ihres kommunalen Tafelsilbers sanieren können. Eine nachhaltige Entschuldung erfordert vielmehr strukturelle und politische Entscheidungen, da die Überschuldung auf Fehlentscheidungen oft in ganz anderen Geschäftsfeldern zurückgehen.
    Im übrigen sind zinsgünstige Kommunalkredite mit 5 % wesentlich billiger zu bekommen als es die Verzinsungserwartungen von privaten Versorgungsunternehmungen von 10 bis 15 % sind. Solche hohen Gewinne wiederum können nur mit einer Verschlechterung der Qualität des Trinkwassers und / oder der Versorgungsnetze erreicht werden. Die Verbraucher zahlen also bei einer privaten Versorgung in jedem Fall drauf.

    Des weiteren muss hinzugefügt werden, dass Veräußerungsgewinne bei einer Privatisierung von Abwasseranlagen und auch zum Teil bei der Wasserversorgung den Bürgern zurückerstattet werden müssen. Die Bürger haben ihre Abwasser- und Trinkwasseranlagen mit ihren Steuergeldern und Beiträgen ja auch bezahlt. Dazu gibt es bereits diverse Urteile.

    Fazit: Die "Privaten" wollen Geld verdienen, das als Gewinn aus dem Unternehmen legal entnommen wird. Gegen die - vorauszusehende - Plünderung des kommunalen Tafelsilbers" und gegen die "Profitmaximierung" auf Kosten der Verbraucher muss bereits jetzt - gerade im deutschen Bundestag und nicht nur in den Kommunen oder von den kommunalen Spitzenverbänden - vorgegangen werden. Die Liberalisierung des Strommarktes sollte als abschreckendes Beispiel genügen.

    Die "Liberalisierung des STROMMARKTES" ein Erfolg?
    oder - von der Euphorie zu einer volkswirtschaftlich nüchternen Betrachtung

    Die ersten negativen Effekte, die durch Öffnung des Strommarktes entstanden sind, werden gerade ansatzweise diskutiert. Der sogenannte "Billigstrom" wird unsere nachfolgenden Generationen sowohl ökologisch, wie auch ökonomisch sehr stark belasten. Der vermeintliche Gewinn ist, - gerade volkswirtschaftlich gerechnet - ein Verlustgeschäft für unsere Gesellschaft, ökologisch betrachtet ein Desaster.
    Der Verfall der Strompreise hat zwar der gewerblichen und industriellen Wirtschaft nach VDEW - Angaben in knapp einem Jahr 11 Milliarden DM "Preisnachlässe" ( zur Erhöhung ihrer bisher schon satten Gewinne ) beschert, diese konnten aber nur erzielt werden

    • mit dem Import von Dumpingstrom u. a. aus Osteuropa und aus französischen Atomkraftwerken,
    • gingen einher mit der ( gewollten ?) Zerschlagung der ökologisch und ökonomisch vernünftigen Kraftwärmekopplung, die dezentral von unseren kommunalen Stadtwerken angeboten wurde und
    • lösten einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb aus, der insbesondere zu Lasten unserer kommunalen Betriebe ging.

    Jetzt im Jahr 2000 - nach erfolgter "Operation" - steigen die Preise auf dem Strommarkt wieder! . Bis zu 27 % Erhöhung wollen die Strommultis nun nach einer gewissen Marktbereinigung von den KundInnen haben: Der Strom wird nach der - als so segensreich beschriebenen - Liberalisierung für die Privatkunden teurer als zuvor!

    Die Struktur der Trinkwasserversorgung in der Bundesrepublik Deutschland

    In Deutschland gibt es insgesamt 6.700 Wasserversorgungsunternehmen, davon liegen 2.700 in Bayern. 1.500 dieser bayerischen WVU haben eine geringere Wasserabgabe als 100.000 cbm im Jahr. Von den ca. 7.000 Kläranlagen in der BRD liegen wiederum allein 2.700 in Bayern.

    Bei der Diskussion über die "Leistungsfähigkeit der Wasserwirtschaft" in Deutschland und im internationalen Wettbewerb" wird immer wieder von interessierten Kreisen davon gesprochen, dass u.a.

    "Bayern mit seiner ausgesprochen kleinräumig und dezentral ausgeprägten Struktur in der Wasserver- und in der Abwasserentsorgung besonders betroffen"sei.

    Die "kleinräumige und dezentrale Struktur" der Wasserversorgung
    Trotz des nachweislich guten Zustandes und trotz des hohen wirtschaftlichen Standards der Wasserver- und der Abwasserentsorgungen in Bayern - aber auch in ähnlich strukturierten Gebieten Deutschlands -wird von den ("Shareholder Value -) Lobbyisten" immer wieder behauptet, dass

    "von den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen .. gerade diese kleinen Wasserversorger betroffen" seien.

    Ich stelle - quasi exemplarisch - das Beispiel meiner Spessartgemeinde Rothenbuch dar, in der ich mir als "altgedienter" Gemeinderat und seit 1972 zweiter Bürgermeister nach 28 Jahren Amtszeit wohl einen fundierten Überblick über das kommunale Geschehen erarbeitet habe:

    Die Wasserver- und Abwasserentsorgung unserer Gemeinde mit 2.000 Einwohnern ist - nicht zuletzt naturräumlich bedingt - auf unsere Größe zugeschnitten, also kleinräumig. Unsere Anlagen sind technisch gut ausgerüstet und dank der kommunalen, örtlichen Wartung "bestens in Schuss". Die Kläranlage funktioniert zufriedenstellend und wird in nächster Zeit "nachgerüstet". Die Trinkwasserversorgung ist qualitativ bestens, versorgungssicher und langfristig gesichert. Der "Gesamtwasserpreis" inklusive der Abwasserbehandlung beträgt 4.80 DM / cbm und ist also trotz oder gerade wegen der "kleinräumigen Struktur" kostengünstig. Solche Beispiele gibt es genug.
    Nota bene: Seit dem 31. 12. 1999 ist unsere Gemeinde schuldenfrei.

    Das Fazit ist - wie bei vielen ähnlich gelagerten Fällen - positiv.

    Erhalt der kommunalen Trinkwasserversorgung statt "Marktöffnung"
    In der "Projektbeschreibung" des Gutachtens des Bundeswirtschaftsministeriums zur Frage der Marktliberalisierung wird aber das Gegenteil unterstellt. Dort wird unter dem Punkt 3 a ) "Ausgangslage" als ( mögliche ) Begründung für die Notwendigkeit einer "Marktöffnung
    " geschrieben:

    "Durch eine stärkere wettbewerbliche Orientierung und Marktöffnung könnten sowohl Anreize gesetzt werden, die den Druck zu stärkerer Effizienz im Rahmen der Leistungserbringung erhöhen und kostenmindernd wirken,..."
    Es wird hier wie so oft - ohne den Beweis erbringen zu können- eine fehlende Effizienz in unserer Wasserversorgung "angenommen", nicht zuletzt um die Notwendigkeit einer Marktöffnung "konstruieren" zu können. Die allermeisten Kommunen brauchen aber weder eine ( noch ) höhere Effizienz, noch kostenmindernde Anreize.

    Unser Fazit muss also lauten:
    Die "kleinräumige und dezentrale Struktur" entspricht exakt der geforderten Kreislaufwirtschaft und beinhaltet die Umsetzung der Agenda 21 in den Kommunen.
    Die immer wieder - mit negativem Touch genannten - "kleinräumigen Strukturen" entstanden historisch gesehen aus dem Prinzip eines naturgegebenen "Wirtschaftens vor Ort" und entsprechen genau dem - neuerdings wieder stärker geforderten - Prinzip einer hocheffizienten und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft. "Das Prinzip, "was ich verbrauche, soll möglichst vor Ort erzeugt werden" hat zu einem ökologisch nachhaltigen Gebrauch des Wassers vor Ort geführt. Die kommunale, ortsnahe Trinkwasserversorgung gewährleistet eine hohe Trinkwasserqualität und eine große Versorgungssicherheit.

    Nur die Kommunen mit einer eigenen - egal, ob großen oder kleinen - Wasserversorgung, bzw. deren Bewohner entwickeln und erhalten dabei die notwendige Verantwortung für einen punktuellen Grundwasserschutz "vor der eigenen Haustür", der wiederum die daraus resultierende Akzeptanz für den - dringend notwendigen - flächendeckenden Grundwasserschutz schafft.

    Die aus der kommunalen Praxis stammende Erfahrung lautet:

    Gerade die kleinräumig strukturierten Wasserversorgungen in Bayern, aber auch in Niedersachsen und anderen Bundesländern sind hocheffizient und - nicht nur finanziell - gesund.

    Grundwasserschutz als "Bürger Value"

    Am Beginn des neuen Jahrhunderts sollte uns angesichts der immer offenkundiger zu Tage tretender Umweltgefährdungen globalen Ausmaßes klar sein, dass nicht Profitmaximierung für wenige Spekulanten angesagt ist, sondern wir ernsthaft beginnen müssen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen nachhaltig zu schützen und die Schöpfung zu erhalten.

    Bezogen auf unser Trinkwasser heißt dies, dass es unsere gemeinsame politische Aufgabe ist, einen flächendeckenden Grundwasserschutz zu installieren. Dieser übersteigt aber über die Kraft und die ( finanziellen ) Möglichkeiten der Kommunen und ist eine nationale - also gesamtstaatliche - Aufgabe. Der oftmals geäußerte Hinweis auf die supranationale - europäische - Gesetzeslage, die die angeblich von der Bundesrepublik oder vom Freistaat Bayern gewollten "schärferen" Gesetze zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen verhindern würden, ist nichts anderes als ein parteipolitisches Ablenkungsmanöver. Der Oberste Bayerische Rechnungshof ( ORH ) sagte bereits im Jahre 1990 zur Trinkwasserschutz - Problematik, dass es falsch sei, Gelder in Millionenhöhe für den Ausbau der Fernwasserstrukturen oder Tiefenwasserbohrungen auszugeben. Das Ziel der staatlichen Zuschüsse müsse vielmehr sein "die Bodenbelastungen durch die landwirtschaftliche Überdüngung abzubauen".

    Verbesserter Grundwasserschutz ist ( über- ) lebenswichtig
    Neben dem BUND, BN in Bayern, IKT und den anderen Umweltverbänden halten auch die Fachbehörden auf der Landes-, Bundes und europäischer Ebene zu Recht die bisherigen Anstrengungen für einen "flächendeckenden Grundwasserschutz" für ungenügend.

    Drei Arten von Schadstoffeinträgen in unser Grundwasser bedrohen die Gesundheit unserer Nachkommen und das Leben auf unserem Planeten besonders:

    1. Schadstoffe aus Altlasten, Deponien und Abwasserkanälen,
    2. die flächenhaften, "diffusen" Einträge von Nitraten und Pestiziden aus einer Grundwasser unverträglichen Landwirtschaft und
    3. die vielen, endokrin wirkenden Arzneimittelstoffe, die mittelfristig die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen bedrohen.

    Angesagt als eine der wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Aufgaben für das neue Jahrhundert ist also ein wesentlich verbesserter Grundwasserschutz.

    Das Umweltbundesamt ( UBA ) stellt in seinem Bericht " Nachhaltiges Deutschland - Wege zu einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung " ebenfalls fest, dass die derzeit in Deutschland praktizierte Landwirtschaft den Anforderungen an eine nachhaltige Entwicklung nicht gerecht wird. Zu hohe Umweltbelastungen entstünden durch den Stickstoffüberschuss, die Phosphateinträge durch Gülle und Mineraldüngung, Treibhausgase aus der Tierhaltung und die Belastung unseres Grundwassers durch die Pestizide. Eine Ökologisierung der Agrarpolitik erscheine unausweichlich, Vorbildfunktion für die notwendige Änderung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen habe dabei der ökologische Landbau.
    Dieser Bewertung des UBA, also einer staatlichen Behörde ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Die Bundesregierung sollte deren Vorschläge schnellstens übernehmen, um eine Politik der Nachhaltigkeit auch und gerade in der Landwirtschaft zu beginnen. Die gesetzlichen Grenzwerte für Nitrat und Pestizide im Trinkwasser, wie sie seit 1980 in der Trinkwasserrichtlinie der EU festgeschrieben sind, nämlich 50 mg Nitrat und 0,1 Mikrogramm Pestizide pro Liter Trinkwasser, müssen endlich im Bodenschutz und im Gewässerschutz festgeschrieben werden, damit die Kommunen überhaupt auf Dauer eine Chance haben, ihr, besser unser Trinkwasser dauerhaft schützen zu können.

    Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND -, der Bund Naturschutz in Bayern und die Interessengemeinschaft Kommunale Trinkwasserversorgung in Bayern - IKT- treten dafür ein, dass unsere Städte und Gemeinden durch eine - auch gesundheitspolitisch notwendige - Ökologisierung unserer Agrarpolitik in die Lage versetzt werden, langfristig den Bürgerinnen und Bürgern gesundes Trinkwasser liefern zu können. Unser Motto für heißt dabei:

    Die kommunale Trinkwasserversorgung ist die Grundlage einer gesunden Gemeindepolitik!

    Flächendeckender Grundwasserschutz

    Eine ökologisch ausgerichtete, natur- und umweltverträgliche Landwirtschaft - die die Kommunen in die Lage versetzt, weiterhin gesundes Trinkwasser zu liefern - muss umgehend von den politischen Gremien auf nationaler und europäischer Ebene geschaffen werden. Nur mit einer Änderung der agrarpolitischen Rahmenbedingen kann auf Dauer ein flächendeckender Grundwasserschutz erreicht werden. Gerade unter dem Menetekel der BSE - Katastrophe sollte uns dies leichter fallen als bisher. Auf die Verbesserung unserer Gesetze im Bodenschutz- und Gewässerschutz müssen sich also die Bemühungen unserer Bundesregierung richten und nicht auf die Verbesserung der Profitmaximierung in der deutschen Wasserwirtschaft. Nach einer - durch die vom Bundeswirtschaftsminister vorgesehene - Zerschlagung der gesunden Strukturen der deutschen Wasserversorgung wird sich wohl kaum ein multinationales Unternehmen - "freiwillig" und besorgt um die Volksgesundheit, quasi aus "innerem Antrieb" heraus - um den dringend notwendigen und einen verbesserten Grundwasserschutz auf der Fläche kümmern. Meine Botschaft dazu lautet:

    Der biologische Landbau ist der Königsweg für Landwirtschaft und Grundwasserschutz!

    Warnung vor einer öffentlichen Wasserversorgung in privater Hand

    Der Stand der Wasserwirtschaft und die geradezu katastrophalen Zustände in der Wasserversorgung in vielen Ländern und Staaten Afrikas, Asiens und Amerikas sind die besten Argumente gegen eine Privatisierung unserer Wasserwirtschaft. Alle diejenigen PR Agenten, Lobbyisten und Profitgeier, die sich für die Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland aussprechen, sollten sich zuerst mit den meist negativen Zuständen in aller Welt beschäftigen, bevor sie unsere Kommunen Deutschland mit ihren "Heilslehren" missionieren wollen.

    Vorsicht vor "Billigwasser"
    Die Verantwortlichen in den Kommunen, aber auch alle VerbraucherInnnen sollten sich gerade deshalb gegen die zwar "modischen", aber umso gefährlicheren Botschaften von der Segenswirkung einer "Wasserversorgung in privater Hand" zur Wehr setzen. Billiges Trinkwasser hat einen niedrigeren Qualitätsstandard und eine geringe Versorgungssicherheit.
    In der o. a. BUND - Broschüre "Privatisierung? Nein Danke!" heisst es dazu:

    "Monopolisierung in den Ver- und Entsorgungssektoren sowie auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Betriebsformen sind unvereinbar mit den Zielen des Umwelt- und Ressourcenschutzes. Privatisierungen und Monopolisierungen stehen den Zielen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND - nach einer Entflechtung und Dezentralisierung der Ver- und Entsorgung entgegen."

    Netzwerk UNSER Wasser
    Die im deutschen Naturschutzring - DNR - gemeinsam agierenden Umweltverbände in der BRD haben sich gerade im Bereich der Wasserwirtschaft mit anderen Organisationen, die sich dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage Wasser verschrieben haben, wie zum Beispiel der Gewerkschaft ÖTV, zu einem "Netzwerk UNSER Wasser" zusammengeschlossen.
    Anlass waren die seit Jahren diskutierten Pläne, die bewährte Trinkwasserversorgung in ( meist ) kommunaler Hand an internationale Multis zu übertragen und damit der Profitmaximierung zu unterwerfen.

    UNSER Vorschlag: Ertüchtigungsinitiative für die kommunale Wasserwirtschaft
    Die Alternative zur Privatisierung und Liberalisierung heißt Stärkung und Optimierung der kommunalen Wasserversorger.
    Vorgeschlagen wird vom Netzwerk UNSER Wasser deshalb eine "Ertüchtigungsinitiative" für die kommunale Wasserwirtschaft in Deutschland. Die Zusammenarbeit kommunaler Wasser- und Abwasserbetriebe in Flusseinzugsgebieten wird zum Bestandteil des integrierten Flusseinzugsgebietsmanagement. Die Bürgerbeteiligung an der kommunalen Wasserwirtschaft wird im Sinne der AGENDA 21 forciert.
    Dezentrale Anlagen werden dort, wo dies notwendig erscheint, im organisatorischen Verbund kosten- und personalsparend betrieben.

    Moderne Managementmethoden, betriebliches Vorschlagswesen und Benchmarking fördern ( oft bereits schon heute ) die Effizienz, hohe Qualitätsstandards und ( noch ) bessere Kundenorientierung.

    UNSERe Vision:
    Zusammen mit den Verbänden der Wasserwirtschaft starten BMWi und BMU eine entsprechende Kampagne und unterstützen mit einem "Ertüchtigungsleitfaden" den Umbau kommunalen Wasserwirtschaft zu hocheffizienten kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen, die sich einer nachhaltigen, ökologisch ausgerichteten Wasserwirtschaft verpflichtet fühlen.

    UNSER Aufruf:
    Das gemeinsame Ziel der Kommunen, der Verbraucher- und Umweltverbände muss es sein, die drohende Liberalisierung und die durch nichts zu rechtfertigende Privatisierung von hoheitlichen Aufgaben des Staates und der Kommunen wie zum Beispiel in der Wasserversorgung - auch und gerade durch intensive Aufklärung vor Ort und durch gemeinsames politisches Handeln -zu verhindern.

    Sebastian Schönauer

    Interessengemeinschaft Kommunale Trinkwasserversorgung in Bayern - IKT -
    Landesvorsitzender
    Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND -
    Stellv. Bundesvorsitzender

       
     
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