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Brigadegeneral a. D. Dr. Heinz Loquai:
Balkan- Afghanistan - Irak. Krieg als Mittel der Politik
Abschrift nach dem Mitschnitt eines Vortrages am 14.02.03 im EineWeltHaus München. Schluß ergänzt nach dem Manuskript. Zwischenüberschriften von uns.
Die Veranstaltung erfolgte mit Unterstützung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Stadtverband München
 

Inhalt:
Nie wieder Krieg
Der Angriff auf Jugoslawien. Krieg wird wieder zum Instrument deutscher Politik
Form follows function. Die neue NATO - Doktrin wird festgeschrieben
Lügen statt Legalität - Propaganda gegen Völkerrecht
Ergebnis der Intervention in Jugoslawien: Ethnische Säuberung im NATO-Protektorat
Die Schleusen sind geöffnet
Deutschland: Verbot des Angriffskrieges
Der Dritte Weltkrieg
Der Krieg und die Medien
Die Kriegsziele im Irak
Rückblick: Wahlkampf in Deutschland - Die Ablehnung des Krieges wird wahlentscheidend
AWACS - eine substantielle Beteiligung am Krieg
Die Haltung der Kirchen in Deutschland

Nie wieder Krieg   INHALT

Wir wollen unsere Söhne nie mehr in die Kasernen schicken. Und wenn doch einmal irgendwo wieder der Wahnsinn des Krieges ausbrechen sollte, und wenn dabei das Verhängnis es wollen sollte, daß unser Land das Schlachtfeld wird, nun, dann wollen wir eben untergehen und dabei wenigstens das Bewußtsein mitnehmen, daß nicht wir das Verbrechen begangen und gefördert haben."

Mit diesen Worten sprach der bekannte Sozialdemokrat Professor Carlo Schmid, einer der Väter des Grundgesetzes, auch sicherlich vielen Deutschen 1946 aus dem Herzen. Es war die komprimierte Erfahrung zweier Weltkriege, für die Deutschland mit- beziehungsweise allein verantwortlich war. Deutschland wollte damals mit dem Verbrechen Krieg nichts mehr zu tun haben. Und in der Präambel des Grundgesetzes verpflichtet sich das deutsche Volk, dem Frieden in der Welt zu dienen. Unter dem Eindruck von 50 Millionen Toten, zerbombter Städte, von Flüchtlingsströmen, Hunger und Krankheit standen jedoch nicht nur die Deutschen und die deutsche Politik. Die Präambel der Charta der Vereinten Nationen beginnt : "Wir, die Völker der Vereinten Nationen - fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, ..."

Die Politik der Entspannung und des Ausgleichs mit den Nachbarn, für die Namen wie Konrad Adenauer oder Willy Brandt stehen, war der Vollzug des Auftrags des Grundgesetzes. "Wandel durch Annäherung" , friedliche Koexistenz, militärische Zurückhaltung waren Prinzipien der deutschen Ostpolitik. Sichtbares Zeichen dieser Politik war die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Bundeskanzler Brandt im Jahre 1971. Und in seiner sehr, sehr eindrucksvollen Dankesrede hob Willy Brandt in Oslo hervor, er sei stolz darauf, daß der Name Deutschlands wieder mit dem Begriff Frieden verbunden werde. -das war vor etwa dreißig Jahren.

Sie sehen hier auf diesem Bild, das ich von der Atmosphäre her so gut finde, Willy Brandt , Breschnew, dahinter, dieser Mann, der Dolmetscher heute noch ist, sieht nur etwas älter aus, der Große dahinten ist der Botschafter Falin, und links in der Ecke, das ist eigentlich mit das Interessanteste, dort sitzt der Herr Gromyko und der Architekt der Ostpolitik, so möchte ich ihn nennen, Egon Bahr. Ich finde dieses Bild drückt die Atmosphäre Ostpolitik aus.

Das Jahr 2001 wird oft als eine Art Zeitenwende gesehen, sozusagen als verspäteter Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert. Nichts, sagt man, sei seit den verbrecherischen Anschlägen von New York und Washington mehr so, wie es vorher war. Alles habe sich verändert, lautet etwa die gängige Formel. Dies mag für viele Bereiche des politischen und gesellschaftlichen Lebens stimmen, vor allem für diejenigen, die dort Angehörige, Verwandte und Freunde verloren haben. Es stimmt jedoch nicht für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik. Hier vollzog sich die entscheidende Wende im Jahre 1998. Noch enger lokalisiert: im September/Oktober 1998. Die Nachwirkungen des 11. September 2001 haben eine ohnehin im Gang befindliche Entwicklung nur noch beschleunigt. Wohl nie zuvor in der jüngeren deutschen Geschichte haben im Bundestag vertretene Parteien ohne äußeren Zwang so dramatisch ihre Grundposition in wichtigen Fragen der Sicherheitspolitik verändert. Das läßt sich sehr gut an zwei kurz aufeinanderfolgenden Sitzungen des deutschen Bundestages feststellen. Im Juni 1998 , angesichts der Eskalation der Gewalt im Kosovo, befaßte sich der Bundestag in einer Aussprache mit diesem Konflikt, und der Bundesminister Kinkel sagte damals etwa sinngemäß "wenn es so weit kommt, daß militärische Gewalt anzuwenden ist, dann können wir Deutschen nur mitmachen, wenn ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates vorliegt." Die Sozialdemokraten, die Grünen und die ganze FDP schlossen sich dieser Auffassung fast geschlossen an.

Der Angriff auf Jugoslawien. Krieg wird wieder zum Instrument deutscher Politik   INHALT

Vier Monate später, am 16.Oktober 1998, trat der Bundestag in der gleichen personellen Zusammensetzung noch einmal zusammen. Und es geht nun um eine deutsche Beteiligung an einem Luftkrieg gegen Jugoslawien. Der gleiche Außenminister trägt noch vor, der damalige Bundeskanzler Kohl äußert sich nicht. Das Ergebnis: Einer deutschen Beteiligung an einem Luftkrieg gegen Jugoslawien stimmen zu:

Die SPD mit 88%. Bündnis Grüne mit 68%, die Freien Demokraten mit 95%.

Dieser Krieg war nicht legitimiert durch ein Mandat des Sicherheitsrates. Es war die erste Teilnahme der deutschen Bundeswehr an einem Krieg . Es war die Teilnahme an einem Krieg gegen ein Land. das während des Zweiten Weltkrieges durch die Deutsche Wehrmacht gelitten hat. Die größten Massaker in Jugoslawien in der neuesten Zeit veranstaltete die Deutsche Wehrmacht. Deshalb hatten verschiedene Politiker vorher immer ein ungutes Gefühl, wenn es dazu kam, deutsche Soldaten im ehemaligen Jugoslawien einzusetzen. Nach der Charta der Vereinten Nationen war es damals und es ist heute noch ganz klar: Ein Krieg, eine militärische Intervention, in einem anderen Land, ist nur erlaubt als Ausnahme vom Gewaltverzichtsgebot der UNO Charta, wenn ein Akt der Selbstverteidigung vorliegt nach Artikel 51 der UNO Charta. Das war nicht gegeben. Jugoslawien hatte die Bundesrepublik nicht und kein NATO-Land angegriffen. Oder, die zweite Ausnahme: Wenn ein Mandat des UNO-Sicherheitsrats vorliegt. Das war auch nicht gegeben. Den UNO-Sicherheitsrat hat man damals bewußt umgangen, weil Rußland ein Veto eingelegt hätte und man deshalb ein Mandat nicht bekommen hätte. Das heißt: Der Krieg war nach Buchstaben und Geist völkerrechtswidrig.

Er war auch verfassungswidrig. Ich bin kein Jurist, aber ich kann das Grundgesetz , ich kann unsere Verfassung lesen , und viele Juristen kamen zu dem gleichen Urteil. Der ehemalige Bundeskanzler Schmidt sagte:" Ein vierfacher Rechtsbruch. "In der hierauf folgenden Zeit hielten sich nicht nur die Mehrheiten, wenn es darum ging, die Bundeswehr, ob mit oder ohne UNO-Mandat einzusetzen., sie vergrößerten sich noch im neuen Bundestag von Mal zu Mal. Konsequent in der Opposition blieben nur die PDS als Partei und einige wenige, dann als Abweichler titulierte Abgeordnete in allen anderen Parteien. Die Bundesregierung konnte sich nach dem 16.10. mehr als 90%iger Mehrheiten gewiß sein, wenn es um den Einsatz der Bundeswehr irgendwo im Ausland ging. Eine solche Mehrheit wurde in keinem anderen Politikgebiet erreicht.

In der Endphase des Bundestagswahlkampfes 2002 haben wir nun erlebt, wie der Bundeskanzler und sein Außenminister sich strikt gegen eine deutsche militärische Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak aussprachen. War das nun wieder eine Wende? Haben sich Fischer und Schröder aus grundlegender Überzeugung auf die Tradition ihrer Parteien besonnen? Wir können dessen nicht so gewiß sein. Wir müssen vielleicht noch einige Tage, wenige Wochen warten, es muß die Zukunft zeigen. Kommentatoren interpretieren jedenfalls diesen Schwenk als wahltaktisches Manöver , als eine Operation zur Erhaltung der politischen Macht. Aber lassen Sie mich Eines sagen: Mir ist es im Grunde genommen wurscht, was die Motive sind, Hauptsache, sie bleiben dabei.

Im Oktober 1998 wurde der Krieg als normales Mittel deutscher Politik wiederbelebt. "Uneingeschränkte Solidarität" hat man Im Kosovokonflikt praktiziert. Man hat sie dann später, nach dem 11. September, noch ausdrücklich deklariert. Aber eine, wie aus allen Dokumenten ersichtliche, fast Vasallenpolitik gegenüber den USA wurde im Jahre 1998/99 angewendet. An erster Stelle stand fast bedingungslose Gefolgschaft hinter den USA. Die logische Konsequenz einer Politik der uneingeschränkten Solidarität ist eine Politik ohne Alternativen. Das heißt, ich würde beinahe sagen, während dieser Zeit war es ein "Keine Alternative - Konzept" deutscher Außenpolitik. Schröder behauptete etwa drei Wochen nach Beginn des Krieges :"Wir haben eine Entscheidung getroffen, die nach unserer Auffassung ohne Alternative war ". Und Fischer, zum Schluß des Krieges gegen Jugoslawien, fast wortgleich.

Doch mit ihrer Haltung zum Irakkrieg beweist die Bundesregierung nachträglich, daß sie auch im Krieg gegen Jugoslawien die Alternative gehabt hätte, sich an diesem Krieg nicht zu beteiligen. Wenn Schröder/Fischer sich heute auch dann nicht an einem Krieg beteiligen will, wenn er völkerrechtlich legitimiert ist, und möglicherweise gegen Jemanden, der im Ruf steht, Massenvernichtungsmittel zu haben, um wieviel leichter wäre es dann gewesen, sich den amerikanischen Pressionen 1998, 1999 zu entziehen.

Form follows function. Die neue NATO - Doktrin wird festgeschrieben   INHALT

Für die Entwicklung der neuen NATO-Strategie hat der Kosovo-Konflikt wie ein politischer Katalysator gewirkt. Die neue NATO-Strategie, eine Interventionsstrategie, wurde verabschiedet während des Krieges , am 23./24. April, die NATO verabschiedet sich darin eindeutig von ihrer Verteidigungsfunktion und Verteidigungsstrategie hin zu einer Interventionsstrategie. Was im November, beim NATO-Gipfel in Prag beschlossen wurde, ist im Grunde genommen nur eine zusätzliche Instrumentalisierung. Es wurde eine 20 000 Mann starke Eingreiftruppe beschlossen, auch mit Zustimmung der Bundesregierung. Eine veränderte Strategie hatte notwendige Folgen für die Bundeswehr. Die Bundeswehr wurde in ihrer Struktur und wird noch in ihrer Struktur umgestaltet, sie wird umgebaut zu einer Interventionsarmee. Der Herr Feldmeier kommentiert das in der FAZ wie folgt:" Aus einer Verteidigungsarmee soll in den nächsten Jahren ein neues Werkzeug für neue Zwecke entstehen."

Verteidigung ist für diese Armee kaum mehr als die Erinnerung an die eigene Entstehungsgeschichte. Der eigentliche Ernstfall, für den sie geschaffen wird, ist die militärische Intervention. Man könnte den Eindruck gewinnen, als sei die deutsche Armee im 21. Jahrhundert wieder im 19. Jahrhundert angekommen. Von Verteidigungsminister Struck war nun zu hören, Deutschland könne auch am Hindukusch verteidigt werden. Und der Generalinspekteur der Bundeswehr sagt, "der Begriff der Verteidigung muß neu definiert werden", dazu könne dann auch die Frage gehören, ob Verteidigung präventiv ausgeführt werden müsse. Damit schwenkt die Bundeswehrführung auf die Bush - Doktrin der Präventivverteidigung ein. Sie löst sich damit gleichzeitig vom Auftrag der Bundeswehr, so wie er im Grundgesetz eindeutig festgelegt ist. Dort heißt es, unmißverständlich:" Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. "Und zu nichts anderem. Wenn man natürlich den Begriff der Verteidigung so interpretiert, daß er auf die ganze Welt angewendet werden kann, dann wird der Begriff zur leeren Hülse. Es ist nur zu hoffen, daß die Bundesregierung bei der Entwicklung der sogenannten "verteidigungspolitischen Richtlinien" , wo das festgeschrieben werden soll, noch einmal nachschaut, was die Bundeswehrführung, die politische und die militärische, da reinschreiben will.

Die Militarisierung deutscher Außen- und Sicherheitspolitik wurde und wird von den "Mainstream - Medien" oft mit einer Begeisterung , mit einer fast unvorstellbaren Begeisterung begleitet. Jahrzehnte deutscher Friedenspolitik erscheinen sozusagen als eine- ja- Pubertätsphase der Bundesrepublik. Deutsche Soldaten nur zur Verteidigung einzusetzen, militärische Zurückhaltung zu üben, war ja geprägt durch die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges. Der schrecklichen Erfahrung des Zweiten Weltkriegs. Und nun legt man die selbstgesetzten Tabus endlich ab. In der "Zeit" behauptet Josef Joffe, Schröder und Fischer sei der Ausbruch aus dem Ghetto außenpolitischer Verantwortungslosigkeit gelungen. Das muß man sich zweimal anhören. Schröder und Fischer sei der Ausbruch aus dem Ghetto außenpolitischer Verantwortungslosigkeit gelungen. - Es ist kaum zu glauben. Josef Joffe sieht Konrad Adenauer, Willy Brandt und auch Helmut Kohl "im Ghetto außenpolitischer Verantwortungslosigkeit". Wie jemand so etwas schreiben kann, der Mitherausgeber der angesehenen Zeitung die "Zeit" ist, ist mir schon ziemlich unbegreiflich. Doch den Herrn kann man ja des öfteren auf der Titelseite der "Zeit" lesen.

Lügen statt Legalität - Propaganda gegen Völkerrecht   INHALT

Wegen des Fehlens eines Mandats des UNO-Sicherheitsrats halten Völkerrechtler den Krieg von NATO-Staaten gegen Jugoslawien für völkerrechtswidrig. Es blieb nur die zweifelhafte Krücke des Völkerrechts der "humanitären Intervention". Einige wenige Fakten zu dieser "humanitären Intervention":

In einem Bericht des Auswärtigen Amtes über die humanitäre Lage im Kosovo vom 19. März 1999, also fünf Tage vor Kriegsbeginn, heißt es, ich zitiere:" Von Flucht, Vertreibung und Zerstörung im Kosovo sind alle dort lebenden Bevölkerungsgruppen gleichermaßen betroffen." Und die Nachrichtenexperten des Verteidigungsministeriums stellen am 23. März 1999 fest, also einen Tag vor Kriegsbeginn, "Tendenzen zu ethnischen Säuberungen sind weiterhin nicht zu erkennen." Das war die Lage, die Außenminister Fischer und Verteidigungsminister Scharping mit "Völkermord" bezeichneten. Noch heute behauptet der Generalsekretär der SPD, Olaf Scholz, mit dem Militäreinsatz der Bundeswehr im Kosovo habe Deutschland bei der Bekämpfung von Völkermord geholfen. In der gestrigen Ausgabe der "Zeit" liest man in einem Artikel von Robert Leicht, die Bundesregierung habe eingreifen müssen in einer Situation "völkermörderischen Gemetzels" und "akuten Genozids". Was nun als Völkermord bezeichnet war, dazu vielleicht noch einige wenige dünne Zahlen: Im März 1999 hat ,die OSZE in einer Statistik ermittelt, sind 39 Menschen im Kosovo gewaltsam zu Tode gekommen. Dies waren Opfer krimineller Delikte, das waren serbische Polizisten, jugoslawische Soldaten, Kämpfer der UCK und albanische Zivilisten. Es war ein Bürgerkrieg. Es war ein mörderischer Bürgerkrieg. Es war ein Bürgerkrieg. Während des Krieges hat die NATO zweimal irrtümlich albanische Flüchtlingstrecks angegriffen. Bei diesen beiden Angriffen sind mehr albanische Kinder, Frauen und alte Menschen umgekommen als in den zwei Jahren Bürgerkrieg vor Beginn des Krieges. Die Medien hatten einen großen Anteil an diesem Krieg. Ein Bonner Professor für öffentliches Recht , Christian Hillgruber, schreibt hierzu: "Die von den Medien geschürte öffentliche Meinung verlangte unerbittlich moralisch begründeten Aktionismus. Sie erhielt, was sie einforderte: blutigen Tribut an eine von den Medien erzeugte öffentliche Meinung. Maßgebliche deutsche Zeitungen waren mit daran beteiligt, die Stimmung für einen Krieg anzufachen."

Ergebnis der Intervention in Jugoslawien: Ethnische Säuberung im NATO-Protektorat   INHALT

Lassen Sie mich hier klarstellen, und das sollte auch ohne Zweifel sein: Im Kosovo herrschte Anfang 1999 ein grausamer Bürgerkrieg. Doch was hat die "humanitäre Intervention" der NATO nun bewirkt? Was hat der Krieg gegen Jugoslawien bewirkt? Dazu nur einige Informationen: Die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen in den Nachbarländern war zu Beginn des Krieges etwa 70 000. Mit dem Beginn des Krieges sieht man einen rapiden Anstieg auf bis zu 900 000. Das heißt, der Krieg hat ermöglicht, daß sich die Zahl der Flüchtlinge vervielfachte. Nach dem Krieg fiel die Zahl der Flüchtlinge ab, doch nach dem Krieg ist die Statistik falsch. Man hat nämlich vergessen, den Anstieg der serbischen Flüchtlinge bis zu 200 000 hier einzuzeichnen. Auch das war eine "humanitäre Katastrophe", doch man hat sie nie so genannt. Der SPD-Abgeordnete Erler listet folgende materielle zivile Schadensbilanz der NATO-Angriff auf: 200 Fabriken zerstört, 190 Schulen, 50 Spitäler, 50 Brücken, ungezählte Wohnhäuser und Agrarbetriebe, insgesamt 30 Milliarden Dollar Schaden. Mindestens. Ca 7000 Tote. Serben und Kosovo-Albaner. Der heutige serbische Ministerpräsident Djindjic stellt fest: Vor dem Krieg war eine normale multiethnische, multikulturelle Gesellschaft im Kosovo wenigstens noch denkbar und vorstellbar. Heute kann man nicht einmal mehr darauf hoffen. Was hat der Krieg bewirkt, der eine humanitäre Katastrophe unterbinden, unterbrechen, verhindern wollte? Er hat zwei humanitäre Katastrophen ermöglicht: Die Vertreibung der Kosovo-Albaner, die dann wieder zurückgekehrt sind, als eine Katastrophe und die zweite Katastrophe, die meistens nicht benannt wird, die Vertreibung der Serben, die bisher nicht zurückgekehrt sind, obwohl dort 30 000 Soldaten sind. Das waren die Ergebnisse einer "humanitären Intervention".

Die Schleusen sind geöffnet   INHALT

Das völkerrechtliche Gerüst einer zivilisierten Weltordnung wurde gerade durch die Versuche, diesen Krieg zu rechtfertigen, beschädigt. Daß man etwas, das Unrecht ist, als Recht bezeichnet, ist viel schlimmer, als wenn man Unrecht auch als Unrecht bezeichnet. Das Völkerrecht wurde ausgehöhlt, völkerrechtliche Normen und Doktrinen als Ordnungsrahmen für eine Politik spielen heute offenbar in den politischen Überlegungen und in der praktizierten Politik der jetzigen amerikanischen Regierung keine Rolle mehr. Hierzu nur wenige Beispiele: Sie können sicher selbst noch viele hinzufügen, wenn Sie jeden Tag die Zeitung aufschlagen. Der in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegte Grundsatz, in den internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete Androhung - Androhung! - oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen, gilt nicht mehr. Die USA drohen mit der Anwendung von Gewalt jeden Tag vier- fünfmal gegen ein souveränes Land, den Irak, Mitglied der Vereinten Nationen. Sie teilen Staaten und Personen in gute und böse ein und kündigen an, die bösen zu bestrafen. Sie kündigen auch an, notfalls, den Einsatz von Nuklearwaffen. Sie brechen permanent das bestehende Völkerrecht. Der amerikanische Präsident stellt den Vereinten Nationen faktisch ein Ultimatum. Das heißt, mehrmals hat er ja schon Ultimaten gestellt.

Er nötigt den Sicherheitsrat: Entweder es gibt eine starke, oder robuste oder scharfe UN-Resolution, oder wir, die USA, handeln alleine. Auf so brutale und erpresserische Weise ist wohl noch niemand mit dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen umgegangen. Die Bush - Regierung macht die Irak - Krise zum Test für die Zukunft der Vereinten Nationen. Wenn sie nicht das tut, was die amerikanische Regierung will, wird sie irrelevant. So Originalton Powell und Bush. Und die Bush - Doktrin, um ein letztes Beispiel zu nennen, der präventiven Verteidigung ist nichts anderes als eine verbale Entfremdung einer Konzeption des Präventivkrieges. Und Präventivkriege sind eben völkerrechtswidrig, noch, so weit hat sich das Völkerrecht noch nicht entwickelt, daß Präventivkriege völkerrechtlich zulässig sind.

Deutschland: Verbot des Angriffskrieges   INHALT

Auch die Bundesregierung zeigt, daß es ihr bei ihrer Position zu einer Beteiligung am Irakkrieg nicht um das Völkerrecht geht. Weder in der bisherigen Argumentation des Bundeskanzlers noch in der des Außenministers spielen völkerrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle. Hauptsorge scheint zu sein, daß die Koalition zur Bekämpfung des weltweiten Terrorismus eventuell dadurch auseinander fallen könnte. Und gerade deutsche Politiker könnten sich mit guten Argumenten nicht nur völkerrechtlich sondern auf Grund der Verfassung gegen einen Angriffskrieg wenden. Denn nach Artikel 26 unseres Grundgesetzes ist schon die Vorbereitung eines Angriffskrieges unter Strafe gestellt. Nach § 80 des Strafgesetzbuches ist dieses Delikt mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren zu ahnden. Meines Wissens gibt es in der Verfassung keines anderen Landes ein derart striktes Verbot des Angriffskrieges. Insofern erfordert diese Besonderheit einen durch die Verfassung, durch unser Grundgesetz bedingten "deutschen Weg", dafür brauchen wir uns nicht zu schämen. Deutsche Politiker sollten sich nicht scheuen, das offensiv zu vertreten sie haben die besseren Argumente.

Der Dritte Weltkrieg   INHALT

Der "Dritte Weltkrieg" - wir sind mittendrin. Nur keiner merkt es. Dieser Dritte Weltkrieg ist weltweit. Der von Bush erklärte Krieg gegen den weltweiten Terrorismus - Bush sagt immer wieder "war", "campaign" - ist weltweit und er ist zeitlich im Grunde genommen unbegrenzt. Er sieht auch den Einsatz aller Mittel vor. Das hören wir auch aus dem Munde der amerikanischen Regierung. Die NATO hat den Verteidigungsfall ausgerufen, zum ersten Mal in ihrer Geschichte. Artikel 5. Es ist ein Krieg des modernen Typs, ein sogenannter "asymmetrischer Krieg". Da kämpfen nicht vor allem Staaten gegeneinander , sondern Staaten gegen Gruppen, gegen Netzwerke. Die amerikanische Regierung hat ein neues Konzept von Bündnissen entwickelt:" coalition of the willing". Wer mitmachen will, kann mitmachen, aber man braucht sie nicht unbedingt, die Anderen, auch nicht das Bündnis. Afghanistan ist eine Zwischenstation auf dem Weg zu einem anderen Ziel. Offizielles Ziel war es ja, Osama Bin Laden tot oder lebendig zu bekommen. Das hat man offenbar nicht erreicht. Zweites Ziel war das Netzwerk Al Qaida zu zerstören. Zerstört hat man´s nicht. Gestört, beschädigt, wohl ja. Dann hat man die Taliban bekämpft, die ursprünglich gar nicht das Ziel des Krieges waren, aber man hat sie weggeschafft. Das ist ´ne gute Sache, daß die nicht mehr da sind. In diesem Krieg, in Afghanistan, haben sich die Amerikaner mit den schlimmsten Warlords in Afghanistan und außerhalb verbündet Sie haben sie bestochen, daß sie mitgemacht haben. Bei den Luftangriffen sind, ganz niedrig geschätzt, etwa 5000 afghanische Zivilisten ums Leben gekommen. Die USA haben sich in den zentralasiatischen Ländern Turkmenistan, Kirgistan, Usbekistan festgesetzt. Sie zahlen Tribut an die Herrscher dieser Länder , die zu den absolut undemokratischsten in Europa und den anschließenden Regionen gehören. Der Afghanistan - Krieg diente auch dazu, Waffen und Einsatzverfahren der Militärs zu erproben, die nun im Irakkrieg wahrscheinlich angewendet werden. Die eigentliche Aufgabe, die Befriedung Afghanistans, steht noch bevor. Wenn man mit Leuten spricht, die dort sind, die dort waren, dann geben die eine Perspektive von dreißig, vierzig, fünfzig Jahren oder unendlich. Was hat der Krieg an Problemen gelöst? Das, was er lösen wollte, hat er nicht erreicht. Das, was er eigentlich ursprünglich nicht erreichen wollte, hat er erreicht, daß die Taliban weg sind. Hat er die Voraussetzung für eine Friedensordnung geschaffen? Das muß man sehen. Die Kontrolle der internationalen Gemeinschaft erstreckt sich nur auf Kabul. Die nächste Etappe im Dritten Weltkrieg ist der Irak. Eigentlich hat der Krieg gegen den Irak schon seit einiger Zeit begonnen. Ein jahrelanger Krieg wird gegen die irakische Zivilbevölkerung geführt. Die sogenannten Wirtschaftssanktionen treffen ja nicht Saddam Hussein und sein Regime. Sie treffen die Ärmsten der Armen. Die Zahl fünfhunderttausend Kinder die inzwischen als Folge der Sanktionen gestorben sind, ist allgemein bekannt. -

Zweites Element eines schon begonnenen Krieges: Amerikanische Flugzeuge bombardieren seit etwa zehn Jahren mal mehr, mal weniger, angeblich die irakische Luftverteidigung, von der sie immer wieder beschossen wird, nur, die hat noch nie etwas getroffen. Beschädigte Flugzeuge konnte man noch nicht vorweisen. Insbesondere in letzter Zeit wurden diese Luftangriffe intensiviert. Auf den Militärakademien lernt man: Die erste Phase in einem modernen Krieg ist die Ausschaltung der feindlichen Luftverteidigung. Das ist, was die Briten und Amerikaner jetzt tun, um dann zu Beginn des Krieges, die sogenannte Luftherrschaft zu haben. Das heißt, ohne nennenswerte Gegenwehr Luftangriffe führen zu können.

Drittes Element eines bereits begonnenen Krieges: Tausend türkische Soldaten sind bereits im Nordirak. Das ist eine Aggression im Sinne des Völkerrechts . Mehrere hundert CIA- Agenten sollen bereits im Irak sein , um dort auszukundschaften, wo wichtige Ziele für die Bombenangriffe sind.

In allen drei Fällen handelt es sich objektiv nach dem Völkerrecht um eindeutig völkerrechtswidrige Maßnahmen. Völkerrechtlich kriminelle Maßnahmen der Vereinigten Staaten und ihres Hauptverbündeten, the United Kingdom.

Der Krieg und die Medien   INHALT

Im Medienzeitalter ist der Medienkrieg eine integraler Bestandteil der Gesamtkriegsführung. Das ist heute eine Binsenweisheit. Medien transportieren Inhalte , denn ohne die Medien würde, was die Regierung sagt , gar nicht an die Konsumenten von Information und Nachrichten kommen Sie können aber auch Inhalte verändern oder neue schaffen. Medien können sich für einen Krieg vereinnahmen lassen, sie können aber auch in Wahrnehmung ihrer oft reklamierten Verantwortung als Vierte Gewalt gegen den Krieg antreten, wenn die Dritte Gewalt eventuell versagt. Medien haben aber auch wirtschaftliche Interessen in einem Krieg. Wenn Sie überlegen, daß CNN und andere amerikanische Nachrichtensender inzwischen fast eine Milliarde Dollar in die Berichterstattung über den Irakkrieg investiert haben, dann ersehen sie daraus auch, daß dieser Krieg stattfinden muß. Denn, wenn er nicht stattfindet, dann wäre das der Ruin einiger amerikanischer Fernsehgesellschaften, die sowieso schon wirtschaftlich schlecht dastehen. Eine besondere Rolle spielen Medien bei der Vorbereitung von Kriegen. Der bekannte österreichische Caféhausliterat Karl Kraus sagte in seinem berühmten Drama "Die letzten Tage der Menschheit", er sagte: "Invaliden waren wir durch die Rotationsmaschinen, ehe es Opfer durch die Kanonen gab." Für den Krieg gegen den Irak läuft die mediale Kriegsvorbereitung schon seit einiger Zeit auf vollen Touren. Die Bush - Regierung hat jetzt, wie nachzulesen war, ein neues Konzept entwickelt für die Beteiligung der Medien. Im letzten Irakkrieg war es ja so, daß die Journalisten im wesentlichen in einem Zelt saßen und sich Videos angeschaut und darüber dann berichtet haben. Nun hat man das Konzept des "Embedding", Einbetten, entworfen, das heißt, Journalisten sollen mit den Truppen teilen, ein integraler Bestandteil des Militärs sein. Sie machen vorher eine Ausbildung, die sie nicht mitmachen müssen, sie müssen beantragen, in die Ausbildung aufgenommen zu werden, und einer Stammeinheit zugeordnet zu werden. Ob das eine wahrheitsgerechte Berichterstattung fördert, das bleibt abzuwarten. Aber ich sehe eher die Gefahr, daß sich die Journalisten in diese Kampfgemeinschaft einfügen und dann nur noch deutlicher das berichten, was man von ihnen erwartet, daß sie berichten. Die Schwierigkeit wird größer, kritisch Abstand zu wahren, wenn man mit den Soldaten auch durch gefährliche Situationen geht. Die amerikanischen Medien warten nur noch auf den Krieg. Nicht nur der militärische Truppenaufmarsch am Golf ist so gut wie abgeschlossen, sondern auch der Aufmarsch der Medien. Mann sieht es auch bei CNN an den Einblendungen. Das Logo hat gewechselt. "Show Down". Was wäre, wenn der Krieg nicht stattfinden würde.

1. Ängste schüren

Wir bekommen das "Menü" der Medienberichterstattung ja täglich serviert. Aus welchen Bestandteilen, aus welchen "Gängen" besteht ein solches Menü? Das verläuft bei allen Vorbereitungen zu einem Krieg in etwa immer gleich. Nur die konkret Ausprägung ist oft etwas anders. Erstens: Eine akute und äußerst gefährliche Bedrohung wird aufgezeigt. Bei der Vorbereitung des Krieges gegen Jugoslawien waren es Schlagwörter wie "Massaker", "humanitäre Katastrophe" und " Völkermord". Im Irakkrieg ist es, wie Bush sagt, ein jederzeit möglicher Angriff des Irak auf die USA und ihre Verbündeten. Der ehemalige Staatsminister im Verteidigungsministerium warnt vor der Gefahr, daß Massenvernichtungsmittel in unmittelbarer Nähe zum euroatlantischen Sicherheitsraum aufgestellt werden könnten , und noch bedrohlicher wird es, wenn angeblich im auswärtigen Ausschuß, was wahrscheinlich gar nicht stimmt, festgestellt wird, der Irak verfüge über das Potential von Raketen bis Wien und München. Also, meine Damen und Herren, gehen Sie in die Luftschutzkeller und schützen Sie sich vor irakischen Raketen! In der Erklärung der Acht - sieben Regierungschefs plus Präsident Havel - ist das ganze Abendland bedroht. Elf europäische Spitzenzeitungen veröffentlichten diese Erklärung und verschaffen ihr dadurch europaweite Verbreitung. Es heißt in dieser Erklärung: "Demokratie, persönliche Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit sind heute bedroht wie nie zuvor." Sind heute bedroht wie nie zuvor! Das ist wörtlich in dieser Erklärung.

2. Bestien finden

Zweiter Punkt: Es gehört dazu, den Kriegsgegner zu bestialisieren. Hier haben die Medien im letzten Irakkrieg schon gute Vorarbeit geleistet. Saddam gleich Hitler, Stalin. Bildzeitung, Frankfurter Rundschau, alle fuhren sie auf dieser Schiene ab. Milosevic war dann laut Bildzeitung der "Schlächter". Heute heißt es in der FAZ , Saddam Hussein lasse den Serben - nämlich Milosevic- wie einen blutigen Amateur aussehen. Und in der gleichen Zeitung können Sie nachlesen: "Saddam Hussein ist ein moderner, totalitärer Herrscher. Verglichen mit ihm ist Milosevic ein verhältnismäßig netter Kerl. "Der berühmte Herr Joffe meint: Milosevic wirke im Vergleich zu Saddam nur wie ein "Schmierenschurke". Die nachträgliche Ehrenrettung des ehemaligen serbischen Präsidenten verglichen mit Saddam. Für Joffe ist Saddam ein "totaler Massenmörder". Massenmörder allein reicht nicht. Es muß ein "totaler Massenmörder" sein. Es ist ja ohne Zweifel, oder ich zweifle nicht dran, daß Saddam Hussein und auch Milosevic Despoten waren und sind., daß sie sich auch für Verbrechen verantwortlich machen lassen müssen. Aber müssen Medien immer - besonders die deutschen Medien - Hitler, Holocaust und Auschwitz bemühen, um eine Gefahr darzustellen? Das ist doch nichts anderes als eine Relativierung der Verbrechen der Nazis an den Juden.

3. Führer loben

Ein drittes Element: Die Glorifizierung der eigenen Führungspersönlichkeiten. Sie kennen alle Condoleeza Rice, Sicherheitsberaterin des Präsidenten. Wolfgang Koydl von der Süddeutschen Zeitung schreibt wörtlich über Condoleeza Rice:" Immer war sie die Erste, die Beste, die Schnellste und die Klügste, bei allem, was sie anpackte. " Wie mit einem Zauberstab steuere sie die Debatte. Und er nennt sie zärtlich immer wieder "Condy". "Condy" sei eine "Kriegerprinzessin", meint Wolfgang Koydl in der Süddeutschen Zeitung. Nicht zu glauben! Und noch toller treibt es Matthias Rühl von der FAZ, auf Seite drei kürzlich, ein ganzseitiger Artikel über den amerikanischen Präsidenten und in diesem Artikel erfahren wir unter anderem, Bush studiere die Bibel jeden Tag. Er bete regelmäßig und richte sein Handeln nach der Frage aus, "was würde Jesus tun?" Es ist interessant- das ist mir jetzt erst aufgefallen - ich habe in der Biographie von Martin Niemöller gelesen - Martin Niemöller hat einen Aufsatz verfaßt oder eine Predigt genau mit der Überschrift: "Was würde Jesus tun?" Ob der Herr Rühl da abgeschrieben hat, oder ob ihm das selbst gekommen ist, weiß ich nicht. Der Präsident sei "ein Ausbund an Bescheidenheit und Volksverbundenheit", wörtlich, es gebe zwar- und da zeigt sich die journalistische Differenzierung -"eine arrogante Faser" , nur eine Faser im Wesen Bushs, doch er sei "ein Mensch der Liebe". Das ist alles wörtlich. Seine Portion missionarischen Eifers werde durch staatsmännische Besonnenheit abgefedert , im geduldigen Warten sei die Entscheidung des politischen Naturtalents zum Ausdruck gekommen. Zwar wisse Bush, daß er kein Intellektueller ist, sich aber auf seinen politischen Instinkt, seine Klugheit und seinen Mutterwitz verlassen könne. Wir lachen darüber, weil es auch lächerlich ist, doch das ist nicht lächerlich gemeint. Das ist sehr ernst gemeint und hat auch seine Wirkung. Im Grunde genommen ist diese Glorifizierung nur das Gegenstück zur Bestialisierung des Kriegsgegners. Das sind allgemeine Mechanismen, wie wir sie während der Vorbereitung eines Krieges immer wieder feststellen.

4. Ist ja alles halb so schlimm

Vierter Punkt: Bagatellisierung des Ereignisses Krieg und der Kriegsschäden. Für den Begriff des Krieges findet man verharmlosende Begriffe: "Bewaffnete Mission", "Intervention", "Militärintervention". Das Wort, das sich allgemein durchgesetzt hat - passen Sie mal auf im Fernsehen, wenn da die Plappereien bei "Heute" oder wann auch immer kommen - in den Medien, in Zeitungen: "Gewaltsame Entwaffnung des Irak" heißt es. Durch die Bank, fast wie bei einer Selbstgleichschaltung. Oder manchmal läßt man das "gewaltsame" auch noch weg und sagt nur "Entwaffnung des Irak". Von "chirurgischen Eingriffen" ist die Rede, eingesetzt werden "intelligente Waffen", "smart bombs" gegen "soft targets", weiche Ziele. "Weiche Ziele" sind Menschen. Das ist der Prototyp des weichen Ziels. Alle diese Etiketten für eine schlimme Sache werden vor allem im Fernsehen nachgeplappert, und sie setzen sich unbewußt fest, und das ist ja die eigentliche Gefahr.

5.TINA - There is no Alternative

Ein weiterer Punkt: Der Krieg wird als unvermeidlich dargestellt. Seit langer Zeit geht es schon gar nicht mehr darum, ob der Krieg stattfindet, es geht nur noch darum, wann, unter welchen Bedingungen , wie er gerechtfertigt wird. Aber daß er stattfindet, das steht eigentlich auch in den Medien schon lange fest. Was bewirkt das? Oft Resignation beim Publikum. Der Krieg kommt wie ein Naturereignis über die Menschen. "The game is over" verkündet der zornige Gott im Weißen Haus. Und es gehört auch dazu, daß Kriegsgegner mißachtet werden. Verschweigen von Sachverhalten ist heute die wirksamste Zensur. Systematisch unterrepräsentiert in den Medien ist insbesondere in Amerika die Friedensbewegung, sind Proteste gegen die amerikanische Politik. Sie werden einfach nicht gebracht, oder werden irgendwo am Rande gebracht. Ein Beispiel: Die FAZ berichtet am 6./7. Februar ganz ausführlich über die Rede des amerikanischen Präsidenten, ca. anderthalb Seiten. Die Stellungnahme von Kirchenvertretern aus den USA, Europa und dem Nahen Osten ist der Zeitung nur eine Randnotiz wert. Ich hab's mal ausgezählt: Weniger als 1% des Raumes, den man der amerikanischen Multimedia - Schau eingeräumt hat. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung, "Zeitung für Deutschland", verbannt kritische politische Stellungnahmen in den Feuilleton - Teil. Das muß man wissen. Das Feuilleton ist in der FAZ der politisch interessanteste Teil. Dort kann man dann aber wenigstens lesen, ich zitiere: "Allerdings ginge es der ganzen Welt besser, ohne einen gewissen Mr. Bush, er ist weitaus gefährlicher als Hussein." Arundhati Roy. Man gibt der Kritik schon einen Raum. Kürzlich in der Abteilung "Geisteswissenschaften" liest man, wörtlich:" Derzeit werden wir von einem Schurkenstaat (den Vereinigten Staaten ) bedrängt, der einen Raum imperialer Größe aus einer früheren Epoche ausleben will." Wir haben heute nicht eine totale Gleichschaltung oder Selbstgleichschaltung. Man muß heute wissen, wo man die interessanten Dinge liest, das heißt, wenn man insgesamt eine Zeitung sieht, ich glaube, die FAZ ist hier ganz typisch, dann gibt es schon ein breites Spektrum von Meinungen, nur im Teil "Politik" erscheint praktisch kaum etwas Kritisches mehr. Man muß ins Feuilleton gehen, und wer regelmäßig die Zeitung liest, weiß ja, wo er nachschauen muß. -

Die Kriegsziele im Irak   INHALT

Kommen wir zu den Kriegszielen. Meine Damen und meine Herren, es ist nicht so, daß ein Krieg ein einziges Ziel verfolgt. Also "Blut für öl" ist schon zu einfach gedacht. Es sind immer mehrere Ziele, sie wechseln auch im Verlauf des Krieges im Verlauf des Konfliktes, das ist auch historisch zu beweisen. Gehen wir mal nur einige Ziele durch, von denen die Amerikaner selbst sagen, daß sie sie haben. Fangen wir an mit "Befreiung des irakischen Volkes von einem unmenschlichen Diktator". Blickt man nur auf die derzeitige amerikanische Politik, so scheint dies kein besonders wichtiges Ziel zu sein. Der nordkoreanische Diktator ist sicherlich genauso schlimm wie Saddam Hussein, Putin, der Intimfreund von George Bush, veranstaltet in Tschetschenien Völkermord. 60 000 bis 100 000 Tschetschenen schätzt man sind ums Leben gekommen, Hunderttausende auf der Flucht. Meiner Ansicht nach ist die Bush - Regierung trotz aller Rhetorik nicht gerade ein glaubwürdiger Anwalt der Menschenrechte.

Zweites Ziel: Stärkung der Vereinten Nationen. Stärkung ihrer Glaubwürdigkeit. In einer Ansprache vor der Generalversammlung am 12. 9. 02 setzte sich Bush in Pose als Anwalt der Vereinten Nationen, des Sicherheitsrates. Doch die Attacken des amerikanischen Präsidenten und seiner Regierung gegen die UN-Inspektoren , die er als "naiv" und "inkompetent" bezeichnet, sind auch Angriffe auf die Vereinten Nationen. Die amerikanische Regierung, nicht nur Saddam Hussein, möglicherweise die amerikanische Regierung noch ausgeprägter, führt die Inspektoren an der Nase herum. Sie veröffentlicht Informationen, gibt sie aber nicht den Inspektoren. Sie führt sie möglicherweise in die Irre, sie führt sie dahin, wo nichts ist, und behauptet, sie gehen nicht dahin, wo etwas ist. Aber sie weiß offenbar, wo etwas ist, nur sagt sie es nicht. Tony Blair´s angebliches "Geheimdienst - Dossier" über Saddam´s Täuschungsmanöver ist von alten Texten abgeschrieben. Zum Höhepunkt seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat holte der amerikanische Außenminister Colin Powell das "feine Papier" als besonderen Triumph aus dem Ärmel.

"Nicht nur dem Irak, sondern auch der UNO wurde von Bush eine "letzte Chance" eingeräumt , um "ihre Aufgaben", wie sie von Washington gesehen werden, nachzukommen, oder sie würde irrelevant. Der amerikanische Präsident, der die Vereinten Nationen erpreßt und wiederholt verkündet hat, er werde auch Krieg führen, ohne sich an das Regelwerk der UN-Charta zu halten, kann eigentlich nicht als verantwortungsvoller Sachwalter der UN gelten. Auch sein Vorgänger Clinton hat im Krieg gegen Jugoslawien die Vereinten Nationen ins Abseits gestellt. Die USA und insbesondere die gegenwärtige Regierung sind keine glaubwürdigen Beschützer der UN.

Dem verantwortungslosen, unkalkulierbaren Diktator Saddam Hussein die gefährlichen Massenvernichtungswaffen aus der Hand zu schlagen:

Dies ist nach allen offiziellen Äußerungen das Hauptziel der USA. Doch wie glaubwürdig ist es? Die USA selbst haben in den 80er Jahren den Irak bei der Produktion chemischer und biologischer Waffen unterstützt. Der heutige Verteidigungsminister Rumsfeld war Vermittler zwischen Washington und Bagdad. (Peter de Thier in General - Anzeiger, 2.1.03) Die USA störten sich damals nicht daran, daß der Irak gegen den Iran und gegen die eigene kurdische Bevölkerung chemische Waffen einsetzte. Gegen Nordkorea, das bereits über Atomwaffen verfügen soll und alle Kontrollmaßnahmen gegen ein Waffenprogramm aufgekündigt hat, geht die Bush - Regierung mit Milde vor. Außerdem wäre es ja wohl am zweckmäßigsten, wenn die USA schnellstmöglich ihre angeblichen Kenntnisse über ABC-Waffen im Irak den Inspektoren mitteilen würden. Diese könnten dann die Waffen finden und sie zerstören ohne einen Krieg führen zu müssen. Im übrigen ist z.B. Rolf Ekeus, von 1991 bis 1997 Leiter der Waffenkontrollkommission der Vereinten Nationen im Irak (Unscom) der Auffassung, daß "ein gut organisiertes Kontrollregime mit kompetenten Inspektoren und guten analytischen Fähigkeiten" den Irak entwaffnen könne "selbst wenn Bagdad bei der Beschaffung von Daten nicht vollständig kooperiert".

Objektive Studien, selbst Analysen von Geheimdiensten sehen ja auch keine akute nukleare Bedrohung anderer Länder durch den Irak, schon gar keine Bedrohung der USA. "Das Chemiewaffenpotenzial des Irak stellt....weder eine neue noch eine akute Bedrohung dar." (Iris Hunger, Biochemikerin und Referentin im Planungsstab des Auswärtigen Amtes, in FR, 11.1.03) doch auf Grund des tatsächlichen Verhaltens der Bush - Regierung ist zu vermuten, daß auch dieses Ziel, die Gefährdung durch die Massenvernichtungswaffen des Irak zu beseitigen, eher ein Verkaufsargument ist als ein wichtiges Kriegsziel.

In seiner Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat der amerikanische Außenminister auch wieder Verbindungen des Irak zum Terror - Netzwerk Al Qaida behauptet. Am gleichen Tag wird bekannt, daß nach einem Bericht des britischen Geheimdienstes zwischen dem Irak und der Terrororganisation keine direkte Verbindung besteht.

1. Regimewechsel in Bagdad

Doch ein Regimewechsel in Bagdad ist ohne Zweifel eines der vordringlichsten Ziele der USA, das sie mit allen Mitteln verfolgen. Der Diktator in Bagdad gilt Bush und seiner gesamten Regierung als die Inkarnation des absolut Bösen. "An einem Ort, in einem Regime, finden wir alle diese Gefahren in ihrer tödlichsten und aggressivsten Form. Es ist exakt jene Form aggressiver Bedrohung, zu deren Bekämpfung die Vereinten Nationen in Leben gerufen worden sind" (Rede Bushs vor den Vereinten Nationen, in Blätter für deutsche und intern. Politik 10/2002.)

Was die Beseitigung des Saddam - Regimes betrifft, so besteht keine Divergenz zwischen erklärtem und tatsächlichem Ziel.("Das ausgewiesene Ziel Washingtons ist es, in Bagdad einen Regimewechsel herbeizuführen, das heißt Saddam Hussein und seine Getreuen, die das Land seit dreißig Jahren beherrschen, von der Macht zu verdrängen und durch ein berechenbares und moderates Regime zu ersetzen. "Gunter Lerch, FAZ, 20.1.03) Ein durch Krieg erzwungener Regimewechsel im Irak und eine Stationierung amerikanischer Truppen würde in mehrfacher Weise amerikanischen strategischen Interessen dienen. Es wäre dies die erste Anwendung der Bush - Doktrin der "präventiven Verteidigung". Dadurch würde dieser Doktrin faktische Glaubwürdigkeit verliehen. Das heißt, die Beseitigung des Saddam - Regimes ist lediglich ein Mittel für weitergehende Zwecke. Es ist typisch, daß dieses Mittel von der amerikanischen Regierung als d a s Ziel dargestellt wird, weil es sich leichter in der öffentlichkeit vermitteln läßt und es erspart, die Zwecke offen zu legen.

2. Kontrolle über das irakische öl:

Wie steht es nun mit dem Kriegsziel, das von den Kritikern der amerikanischen Politik oft in den Vordergrund gestellt wird, mit der Formel "Blut für Öl". Blicken wir einmal auf einfache Tatsachen, eine Landkarte des Erdöls. In der Golfregion lagern etwa 2/3 der Welterdölreserven: Irak 11% (es gibt Schätzungen, daß die irakischen Erdölreserven sogar so hoch sind wie die saudiarabischen. Zudem ist das irakische Erdöl von höchster Qualität und sehr kostengünstig zu fördern. Spiegel, 20.1.03.) , Iran 9%, Kuweit 9%, Saudi-Arabien 25%, Vereinigte Arabische Emirate 9%. Die USA verfügen über etwa mehr als 1%. Die Weltmacht USA ist in einem dramatischen Ausmaß von der ungehinderten Zufuhr von Erdöl abhängig. Wenn die USA die Golfregion kontrollieren, haben sie die Kontrolle über das Öl, von dem ihre Wirtschaft, ihre Gesellschaft, ja ihre gesamte Lebensform in so hohem Maße abhängen. Ist es sehr abwegig, ein wichtiges Kriegsziel darin zu sehen, einen beträchtlichen Teil der Welterdölreserven unter eigene Kontrolle zu bringen und den wichtigsten strategischen Rohstoff der Gegenwart und Zukunft unter eine hegemoniale Kontrolle zu bekommen?("Mit der Neuordnung des Persischen Golfs will Washington nun das Stichwort Energiesicherheit neu definieren....mit ihrer unangefochtenen militärischen Macht werden sie nicht länger zusehen, daß die Instabilität der wichtigsten Lieferregion für Öl wie einst 1973 und 1979/80 abermals zu dem führt, was die Weltwirtschaft nicht braucht: zu Lieferunterbrechungen und zu Preisschocks." Rainer Hermann, FAZ, 29.1.03.) Geht es nicht auch darum, Europa, China, Indien und Japan, die heute schon in weit höhere, Maße vom Erdöl aus der Golfregion abhängig sind, langfristig wirtschaftlich zu kontrollieren?

3. Strategische Vorwärtsstationierung amerikanischer Streitkräfte

In diesem Zusammenhang ist ein zusätzlicher Gesichtspunkt von Bedeutung. Erklärtes Ziel der USA ist es, "wieder die wesentliche Rolle amerikanischer Militärmacht zu betonen." (Nationale Sicherheitsstrategie der USA 2002) "Die Präsenz amerikanischer Streitkräfte in Übersee ist eines der deutlichsten Symbole der Verpflichtung der Vereinigten Staaten gegenüber Verbündeten und Freunden." (Ebenda) Der zentral gelegene Irak ist ideal für die Vorwärtsstationierung amerikanischer Truppen, um von dort aus die gesamte Region militärisch kontrollieren zu können. Eine derartige, längerfristige Truppenstationierung ist schließlich auch in jenen Entwürfen vorgesehen, die für eine "Transformation des Mittleren Ostens" plädieren.

4. Demokratisierung des Mittleren Ostens:

Von einem demokratisierten Irak aus soll nach den politischen Strategien amerikanischer Denker der gesamte Mittlere Osten in eine neue Form der Demokratie überführt werden. Dies liest sich dann so: "Im idealistischen Sprachgebrauch des US-Präsidenten steht jetzt eine neue Welle der Demokratisierung bevor. Das entspricht einer zum eigenen Vorteil gewendeten Domino - Theorie: Erst fällt der Irak, wodurch sich die aufgeklärten Mittelschichten in den Nachbarstaaten ermutigt fühlen werden. Dann würden Saudi-Arabien und sukzessive auch andere Staaten folgen, schließlich auch das OPEC-Kartell- falls nötig mit kleinerer Hilfe der USA. Man könnte sagen: "Die Ent-Saddammisierung des Irak" als Voraussetzung für die Demokratisierung des Mittleren Ostens. Bis zum Abschluß dieses Transformationsprozesses, der auch von seinen Befürwortern als ein sehr langfristiger Vorgang angesehen wird, soll die Stationierung amerikanischer Truppen in der Konfliktregion den politischen Prozeß absichern. Es handelt sich dabei um eine umgekehrte "Dominotheorie". Was die zwangsweise Demokratisierung anderer Länder betrifft, so scheint mit die derzeitige amerikanische Regierung allerdings den Eignungstest noch nicht bestanden zu haben. Diese Regierung praktiziert eine eklatant undemokratische Politik im eigenen Lande und im internationalen Bereich.

5. Die Abrechnung des Junior - Bush mit einem Verbrecher, der seinen Dad umbringen wollte:

Persönliche Motive in politischen Auseinandersetzungen sollte man nicht zu gering einschätzen. Der Krieg gegen Jugoslawien gilt heute oft als "Madeleine´s War". Für George wäre es sicher eine persönliche Genugtuung, Saddam Hussein zur Strecke gebracht zu haben. Man muß sich auch vorstellen, wie Bush/Blair vor der Weltöffentlichkeit und in ihren Ländern dastehen würden, wenn die Inspektoren definitiv feststellten, daß der Irak nicht mehr über Massenvernichtungswaffen verfüge. Sie wären die Deppen dieses Jahrhunderts. Das können sich diese beiden und ihre Mitstreiter nicht leisten. Glaubwürdigkeit und Gesichtswahrung der Kriegstreiber ist so mit Sicherheit ein Motiv.

Der Krieg wäre ohne Zweifel ein großes Geschäft für die amerikanische Rüstungsindustrie und könnte auch die stagnierende Wirtschaft ankurbeln. Ein anderes Kriegsziel könnte das Ablenken von innenpolitischen, wirtschaftlichen Problemen sein. Es gilt als ausgemacht, daß Clinton im Herbst 1998 in der Kosovo - Krise eskalierte, um von der Lewinsky Affäre abzulenken. Das tragische Unglück der Columbia Raumfähre ist wohl auch für die Irakpolitik nicht ohne Bedeutung. "Wenn der Unfall überhaupt Auswirkungen haben sollte, dann bestimmt nur, Amerikas Entschlossenheit zu stärken", so einer der führenden Technologiestrategen der USA.(Ray Kurzwell, Standhaftes Amerika, in FAZ 3.2.03.

Die Konsolidierung und Absicherung der globalen Hegemonie ist das überragende Ziel der Regierung Bush, so wie sie es proklamiert hat.

Rückblick: Wahlkampf in Deutschland - Die Ablehnung des Krieges wird wahlentscheidend   INHALT

In der Endphase des letzten Bundestagswahlkampfes, am 5. August 2002, beschloß das SPD-Präsidium: "Unabhängig von einem UN-Mandat, wird eine Beteiligung Deutschlands an einem Irakkrieg abgelehnt" Mit der Parole "Keine deutschen Soldaten für einen Krieg gegen den Irak" punkteten Schröder und Fischer im Wahlkampf, denn 65% aller Deutschen lehnten schon zu dieser Zeit einen Irakkrieg ab. Anders als 1998 spielte das Thema Krieg und Frieden nach dem Urteil vieler Analysten eine wahlentscheidende Rolle. In der Regierungserklärung der wiedergewählten rot-grünen Regierung heißt es dann:" An einem etwaigen Militärschlag gegen den Irak werden wir uns nicht beteiligen." In der weitverbreiteten Kritik der Medien an den Bundeskanzler wird immer vergessen, daß es im Bundestagsbeschluß vom 16. Oktober 2001 heißt: "Deutsche Soldaten werden sich an etwaigen Einsätzen gegen den internationalen Terrorismus in anderen Staaten als Afghanistan nur mit Zustimmung der jeweiligen Regierung beteiligen." Schröder hat eigentlich nichts anderes getan, als diesen Beschluß konkretisiert, denn man kann ja wohl nicht annehmen, daß der Irak einer deutschen Kriegsbeteiligung zustimmen würde!

Die vereinigte Medienfront tadelt Schröder auch, weil er sich festgelegt habe, auch dann Deutschland an einem Krieg gegen den Irak nicht zu beteiligen, wenn es dafür ein UN-Mandat gibt. Bevor man dies kritisiert, sollte man sich die UN-Charta einmal genau ansehen. Denn auch der Sicherheitsrat darf nicht beliebig den Einsatz von Streitkräften genehmigen. Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein:"

Es muß" eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegen" (Artikel 39), und die Maßnahmen müssen "zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" erforderlich sein. (Artikel 42).

Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese beiden Voraussetzungen nicht vorliegen, dann darf sie aus politischer Verantwortung einem Krieg nicht zustimmen und sich auch nicht daran beteiligen.

Die "Irakfrage" bleibe "der entscheidende Gradmesser für die Glaubwürdigkeit Schröders und Fischers" heißt es. (Nico Fried, SZ,11./12.1.2003) Doch bei diesem Glaubwürdigkeitstest haben der Kanzler und sein Vizekanzler vor einigen Wochen keine gute Note erreicht. Am 11. Dezember 2002 verkündete nämlich Schröder im ARD-Fernsehen, daß "natürlich auch AWACS-Flugzeuge mit deutschen Soldaten besetzt sein werden." Und er fügte hinzu: "Im übrigen sind das auch keine Instrumente, mit denen man operativ Krieg führen würde." Diese Behauptung des Kanzlers ist schlicht falsch.

AWACS - eine substantielle Beteiligung am Krieg   INHALT

Die Teilnahme deutscher Soldaten am Einsatz der AWACS-Flugzeuge im Zusammenhang mit einem Krieg gegen den Irak ist eine substantielle deutsche Beteiligung an diesem Krieg. Die AWACS-Flugzeuge sind fliegende Gefechtstände, von dort wird aufgeklärt, es werden aber auch eigene Jagdflugzeuge und Jagdbomber geleitet. Zur Besatzung der AWACS-Flugzeuge gehören ja schließlich ein Waffenzuweisungsoffizier und zwei Jägerleitoffiziere. Außerdem deckt das Flugzeug ein Operationsgebiet ab, das fast so groß ist wie die gesamte Bundesrepublik. Im übrigen wurde AWACS von USA angefordert und nicht von der Türkei, zu deren Schutz sie angeblich eingesetzt werden sollen. Die Beteiligung deutscher Soldaten an AWACS - Einsätzen ist viel schwerwiegender als es eine Beteiligung mit einigen Tornado - Flugzeugen wäre. Wer nur etwas Sachkenntnis besitzt und eine ungefähre Vorstellung von den Einsatzbedingungen und den amerikanischen Aufmarschplänen hat, erkennt klar: Die AWACS mit deutscher Besatzung werden ein wichtiger operativer Beitrag im Falle eines Krieges gegen den Irak sein.

Diese Fakten hat man wohl inzwischen auch dem Bundeskanzler vermittelt. Denn es wird berichtet, daß Schröder "in einem Gespräch mit befreundeten Künstlern" gesagt haben soll, es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die AWACS "zum Schutz des NATO - Bündnisgebiets eingesetzt würden. "Es wäre aber eine Kriegsbeteiligung, wenn die Flugzeuge mit deutschem Personal zur Zielerfassung im Irak eingesetzt würden. 'Dann können sie nicht an Bord bleiben.' " Dies praktisch umzusetzen, dürfte allerdings schwierig sein. Geht man vom Zweck der amerikanischen Anforderung sowie von den Einsatzbedingungen und -möglichkeiten der AWACS aus, dann kann die Festlegung des Bundeskanzlers eigentlich nur bedeuten, daß deutsche Besatzungen bei Flügen über der Türkei nicht teilnehmen.

In der Endphase der Wahlkämpfe in Niedersachsen und Hessen kündigte nun bei einer Wahlveranstaltung am 21. Januar in Goslar Bundeskanzler Schröder an: "Rechnet nicht damit, daß Deutschland einer den Krieg legitimierenden Resolution zustimmen wird."

Nach dem wochenlangen Hin und Her um das deutsche Verhalten im UN-Sicherheitsrat kann diese Ankündigung nur bedeuten:

Deutschland wird auf einer Entscheidung des Sicherheitsrats bestehen und Deutschland wird sich bei dieser Entscheidung entweder der Stimme enthalten oder mit "Nein" zu militärischen Maßnahmen stimmen.

Damit hat Schröder die bisherige Argumentation, auf hypothetische Fragen keine Antworten zu geben, aufgegeben und wieder das Forum einer Wahlkampfkundgebung gewählt, um eine wichtige außen- und bündnispolitische Position zu verkünden.

Man mag diese Form kritisieren. Doch auch der amerikanische Präsident und Mitglieder seiner Regierung haben wichtige Positionsbestimmungen in ihrer Irakpolitik z.B. bei Truppenbesuchen oder Veranstaltungen mit Kriegsveteranen verkündet. Diese Politik im Stile von Volkstribunen zeigt, daß, ganz anders als im Kosovokonflikt mit der Irakkrise ein außenpolitisches Thema voll auf die Innenpolitik durchschlägt. Denn sowohl Bush als auch Schröder kämpfen damit um die Erhaltung der politischen Macht. Und noch etwas: Schröder orientiert sich in einer essentiellen Frage deutscher Politik am Volk, er nimmt eine Sachposition ein, die der früheren Tradition der SPD entspricht. Wenn Schröder nun verkündet, Krieg dürfe nicht zu einem "fast normalen Mittel der Politik" werden, dann muß er sich allerdings auch fragen, in welchem Maße er selbst dazu beigetragen hat, daß es so weit gekommen ist.

Der Bundeskanzler hat sich mit seiner an der deutschen öffentlichen Meinung orientierten Politik viel Kritik eingehandelt, auch bei jenen Medien, die eher seine Regierung stützen. Doch eine Speerspitze einer Diffamierungskampagne gegen den Bundeskanzler ist die Frankfurter Allgemeine Zeitung. So schreibt ein Herausgeber, Berthold Kohler, Schröder habe früh "das verbündete Amerika und seinen Präsidenten als das größere Risiko " als Saddam Hussein dargestellt. Die Politik der Bundesrepublik sei "nicht rationale Außenpolitik, das ist bestenfalls Glaubenspolitik, eine dazu, die Saddam Hussein in die Hände spielt."

Die Haltung der Kirchen in Deutschland   INHALT

Es gibt noch einen bedeutenden Unterschied zum Krieg gegen Jugoslawien. Dies ist die Haltung der deutschen Kirchen. Die Stellungnahmen der deutschen Bischöfe zu Beginn des Krieges gegen Jugoslawien waren ausgesprochen regierungskonform, sie ähnelten fast den Verlautbarungen des Regierungssprechers. Erst im Verlauf des Krieges kam mehr Kritik auf. Zu dem sich anbahnenden Krieg gegen den Irak haben sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche klar ihre ablehnende Haltung manifestiert. Sie nehmen insbesondere zum Konzept eines Präventivkrieges klar Stellung. In der Erklärung der deutschen Bischofskonferenz zum Irakkonflikt heißt es. "Daher erfüllt es uns mit größter sorge, daß das völkerrechtlich verankerte Verbot des Präventivkrieges in den letzten Monaten zunehmend in Frage gestellt wird. Es geht nicht um einen Präventivkrieg, sondern um Kriegsprävention! Eine Sicherheitsstrategie, die sich zum vorbeugenden Krieg bekennt, steht im Widerspruch zur katholischen Lehre und zum Völkerrecht.....Ein Präventivkrieg wäre sittlich unerlaubt."

Uns bleibt nur die Hoffnung auf eine andere Erfahrung und Einsicht. Sie hat der Papst bei einer Ansprache zum Weltfriedenstag am 1.1.2000 zusammengefaßt:

"Das 20. Jahrhundert hinterläßt uns als Erbschaft vor allem eine Mahnung: Kriege sind häufig Ursache weiterer Kriege, weil sie tiefe Haßgefühle nähren, Unrechtssituationen schaffen sowie die Würde und Rechte der Menschen mit Füßen treten. Sie lösen im allgemeinen die Probleme nicht, um derentwillen sie geführt werden. Daher stellen sie sich, außer daß sie schreckliche Schäden anrichten, auch noch als nutzlos heraus.."

"Der Krieg ist nie ein Mittel wie andere, das man zur Beilegung von Auseinandersetzungen zwischen Nationen einsetzen kann. Er ist nie ein unabwendbares Schicksal. Er ist immer eine Niederlage der Menschheit." (Papst Johannes Paul II. am 13.01.03.)

   
 
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