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Antisemitismus und Rassismus - Elemente einer «Leitkultur in Deutschland»
Der Film «The Truth lies in Rostock - Die Wahrheit liegt in Rostock» hat uns eindringlich wieder in Erinnerung gerufen, welche Schrecken und Qualen die Flüchtlinge in dieser Stadt zu erdulden hatten. Er zeigte aber auch - und das ist gewiß nichts neues - die sonderbaren Erklärungs-Floskeln einzelner Politiker und Behördenvertreter, die nämlich dieses Pogrom hätten verhindern können. Der bleibende und gravierende Eindruck, der mir durch Nachrichten und Tagesmeldungen jenes Augustes 1992 vermittelt immer noch vor Augen steht, daß sind die vielen Menschen, die dieses Treiben mit Beifallsstürmen noch erst anfeuerten.
Was nun die Krawalle in Rostock selber betreffen, vor allem ihre juristische Bearbeitung, so konnte man im Januar 2000 folgendes in Pressemeldungen lesen:
Im deutschsprachigen Raum - so scheint es - hat sich seit Kriegsende eigentlich kaum etwas wesentlich geändert. Im Gegenteil hier hatte sich sogar eine gewisse Steigerung breit machen können, vor allem nach der sogenannten Wiedervereinigung. Und einige denken sogar - und da liegen sie gar nicht einmal so falsch - es habe sich verschlimmert.
In einer Rede des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (vom September 2000) sagte dieser, ich zitiere: - ... man muß
Ausländerfeindlichkeit ist eben bei nicht wenigen Menschen ein fast selbstverständlicher Teil des Alltagsbewußtseins geworden. Der Rechtsextremismus ist geradezu ein kulturelles Phänomen geworden. Er bedient sich unterschiedlicher kultureller Instrumente, um sich zu vermitteln.... Ich habe bereits in etlichen Ländern der Welt, sozusagen als >Ausländer< gelebt. Und überall habe ich stets Deutsche und Österreicher gesehen, die dort unbeschwert und frei leben durften und tun konnten, was ihnen beliebte. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, daß in anderen europäischen oder außereuropäischen Staaten wie Israel, Amerika, Rußland, Afrika oder Asien irgend ein deutscher Ausländer auf offener Straße gejagt, mißhandelt wurde oder daß man ihre Unterkünfte und Einrichtungen gebrandschatzt hätte. Es wurde auch nirgends wo Deutsche abgeschoben.Dies sind Vorkommnisse, die bedauerlicherweise nur hier, in diesem Land vorkommen - und eine gräßliche Fratze tragen. Nämlich einerseits durch den faschistischen Mob, der Ausländer ungehindert jagen und morden darf, und andrerseits wiederum durch unmenschlichen Behörden-Willen und Exekutiv-Gewalt, die unbarmherzig Flüchtlinge abschieben. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang auch der sogenannte >Erklärungsnotstand< einzelner Politiker, zu den grotesken Auswüchsen der Jung-Nazis, zu finden, ... wer weiß?
Es ist erschreckend, wenn man die Berichte über die Opfer der rechten Gewalt liest, wie z.B. im Tagesspiegel, vom 14. 9. 2000 wo zu lesen stand:
In seiner Ansprache am 9. November, in Berlin, bestätigte es der Bundespräsident Johannes Rau, mit klaren Worten: Konservative Haltungen einzelner Menschen oder Politiker ist nichts Arges oder etwa Abwegiges in einem demokratischen Gebilde. Konservatismus darf aber nicht bedeuten, daß Menschen und Gruppen aus einer Gesellschaft ausgegrenzt, beleidigt, mißhandelt und abgeschoben werden dürfen! Denn mit solcher Haltung verwirken sich diese Gesinnungsträger ihren Platz in einer Demokratie unwiderruflich. Solche destruktiven Kräfte müssen verhindert und ins gesellschaftliche Abseits abgedrängt werden.
Nicht anders ist es mit dem faschistischen Ungeist. Gerade er muß vehement bekämpft werden und zwar von innen heraus. Das hätte eigentlich längst schon geschehen müssen. Denn die Ansicht ist übrigens falsch - wie man sie seit geraumer Zeit vertritt -, daß der Nazi-Terror erst jetzt, oder in jüngster Zeit, also seit 1990, wieder in diesem Lande hervortritt. Richtiger ist: der Faschismus blieb mehr-oder-weniger latent über all die Jahre existent bestehen. Der Kampf gegen die Unmenschlichkeit darf aber nicht einseitig, oder von nur ganz wenigen Beherzten betrieben werden; er muß das ganze Volk - oder wenigstens einen größeren Teil davon - ergreifen. Nur mit großen Worten und netten Gesten gegenüber den betroffenen Opfern kann man aber heutzutage diese miese gesellschaftliche Erscheinungsform nicht mehr hinwegzaubern. Der Faschismus und seine Ideologen, müssen von Grund auf, also von der Wurzel her, zerschlagen werden! Vorrangig sind hier gerade die Politiker und mehr noch die Innenminister angesprochen, insbesondere der Bayrische Innenminister, Herr Beckstein, daß nicht ständig leere Worthülsen, sondern endlich entschiedene Taten - sprich: Verbote - folgen sollten. Denn es geht nicht an,- wie es Herr Beckstein oder Herr Edmund Stoiber taten und tun - daß sie in überregionalen Fernseh- und Rundfunk-Anstalten ein eventuelles NPD-Verbot proklamieren, dann aber im eigenen Bayern-Land es zulassen, daß der Nazi-Mob ungeniert und ungehindert aufmarschiert. Schließlich ist es bereits auffallend genug, daß die Nazis in Bayern quasi Narrenfreiheit haben, und zwar von Passau bis Nürnberg und von Hof bis Regensburg. In den vergangenen Wochen haben wir es ja miterleben müssen, wie in München die NPD- und andere Nazi-Banden den Marienplatz, den Stachus und andere Orte einnehmen durften. Dieses politische Manövrieren einzelner Ministers und Behörden, meine Damen und Herren, wird - so glaube ich - auch im bayrischen Volksmund als >verlogen< bezeichnet. Wie ich schon vorhin sagte, dürfen wir keinesfalls den Anschein glauben, als ob der braune Mob erst jetzt, also >zur Zeit wieder< tätig sei. Der faschistische Zeitgeist weht - in seiner Art und Weise - eigentlich ungebrochen seit 1945 durch sämtliche Bundesländer. Das kommt vielleicht daher, weil die Nazi-Ideologie - weder in Österreich noch in der BRD - jemals tatsächlich ausgerottet wurde;und zwar von der betroffenen Gesellschaft selber! Und auch schon damals, zwischen 1933 und 1945, schwieg die Mehrheit zu den Untaten oder sah einfach weg und machte sich auf diese Art gleichfalls zu Mitschuldigen. Die Nachkriegsjahre waren nicht weniger verlogen: Man rettete sich hinter Persil-Schein-Lügen und vor allem dem «Wiederaufbau», an dem nicht wenige Nazigrößen sich ungeniert beteiligen und daran verdienen durften. Die erste Aufklärung über die Nazi-Verbrechen kam deshalb auch nicht von der betroffenen Täter-Generation selber, sondern von außerhalb mittels Dokumentationen, die in Amerika, Großbritannien, Frankreich, Holland, in der UdSSR und anderswo erschienen und nur sehr schwer auf dem hiesigen, deutschsprachigen Buchmarkt absetzbar waren.
Auch der kleinere Aufstand der Studenten, die sogenannte 68er Bewegung, konnten nicht viel ausrichten.
In unserem medialen Zeitalter wird hauptsächlich das Gegenwärtige gesehen und beachtet, ohne aber gewisse historische Zusammenhänge erkennen zu wollen. Alleine an diesen wenigen Beispielen kann man sehr gut die ungebrochene Kontinuität der ewiggestrigen Ideologie erkennen. Das waren die klassischen Sehnsüchte der alten Faschisten, denn sie hatten keine anderen Ideale, und sie wollten sich auch in der Nachkriegszeit nicht von ihrem krankhaften Wahn befreien - und ihre Enkelkinder nahmen dies als ihr geistiges Erbe an. Darum ist also gar nichts NEO an dieser braunen Mob-Bewegung ... sondern, wie gehabt!
Die Aufmärsche der Jung-Nazis ebenso, wie die Unfähigkeit der anderen, der vielzitierten Mehrheit, die nicht entschieden genug ist - wie es scheint - das Übel vehement anzupacken. Man möchte sogar meinen als sei alles bloß nur ein altbekanntesRitual: hier die Guten - dort die Bösen, die einander sehr brauchen.
Zu den klassischen Ritualen zähle ich übrigens auch die jährlichen Veranstaltungen zur >Woche der Brüderlichkeit< und die ebenfalls jährliche Beschwörungsformel:
Richtig ist leider aber auch, daß ein wesentlicher Prozentteil der Bürger weder über Juden noch über die hier lebenden Ausländer bescheid wissen. Und daher schweigen sie zu den Untaten. Was sollen sie auch anderes tun?
Daher sollten auch nicht unentwegt neue Sonder-Gedenktage erfunden werden, mit denen man sich dann ausschließlich um die Belange seiner Minderheiten bemüht. Nein, die Anteilnahme an seine Mitmenschen sollte viel mehr jeden Tag - und vor allem aufrichtig - geübt werden. Denn rituelle Gedenk-Übungen, die ohne entschiedenen Willen begangen werden, sind nicht nur banal sondern auch lächerlich zugleich.
Zurecht sprach daher der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, in seiner Rede zum 9. November, ganz explizit die deutsche Bevölkerung an, wo er sagte:
Und schließlich sagte er noch, und das traf - so meine ich - wie ein Blitzschlag die Gemüter der damit Genannten: Die sogenannte «Leitkultur» kann auch in Zahlen genannt werden:
(Pressezitate:)
Krawalle in Rostock
Vietnamese überfallen und krankenhaus geschlagen
Festnahmen nach Ausschreitungen in Rostock ***
Rechtes Aufmarschgebiet Rostock und Hamburg ***
Korn zieht Parallele zur Pogromnacht ´38 ***
Asiaten in Rostock misshandelt - Erneut Übergriffe ***Ende***
Bei all den Schandtaten welche die Rechtsextremisten bisher verübten geht es nicht bloß um Juden und Ausländer alleine, sondern es geht vorrangig um die Freiheit einer gesamten Gesellschaft. Freiheit und Demokratie - so lehrt es uns das Leben - müssen leider jeden Tag neu erstritten werden. Packen wir es an - unsere Feinde heißen immer noch: Faschismus, Rassismus und Intoleranz! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. |
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