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    Redebeitrag von Chaim Frank - AstA der Uni München, 21.11.2000
    Antisemitismus und Rassismus -
    Elemente einer «Leitkultur in Deutschland»

     

    Der Film «The Truth lies in Rostock - Die Wahrheit liegt in Rostock» hat uns eindringlich wieder in Erinnerung gerufen, welche Schrecken und Qualen die Flüchtlinge in dieser Stadt zu erdulden hatten. Er zeigte aber auch - und das ist gewiß nichts neues - die sonderbaren Erklärungs-Floskeln einzelner Politiker und Behördenvertreter, die nämlich dieses Pogrom hätten verhindern können. Der bleibende und gravierende Eindruck, der mir durch Nachrichten und Tagesmeldungen jenes Augustes 1992 vermittelt immer noch vor Augen steht, daß sind die vielen Menschen, die dieses Treiben mit Beifallsstürmen noch erst anfeuerten.
    Doch diese durch diesen Film gezeigte Wahrheit liegt - oder lügt? - nicht bloß in Rostock, oder explizit in der ehemaligen DDR, nein, sie kann überall und jederzeit im gesamten Deutschland ausbrechen!

    Was nun die Krawalle in Rostock selber betreffen, vor allem ihre juristische Bearbeitung, so konnte man im Januar 2000 folgendes in Pressemeldungen lesen:
    «Rostocker Krawalle von 1992 juristisch abgeschlossen»
    (Berliner Zeitung: 4.1.2000): «Rostock (AP) Mehr als sieben Jahre nach den ausländerfeindlichen Krawallen von Rostock im August 1992 haben die Gerichte einen Schlussstrich unter die Vorfälle gezogen. Das Hauptverfahren gegen den Polizei-Einsatzleiter Jürgen Deckert wegen fahrlässiger Brandstiftung durch unterlassene Hilfe wird nicht mehr eröffnet, wie ein Sprecher des Oberlandesgerichts der Hansestadt am Dienstag mitteilte. Das OLG habe die Ablehnung des Hauptverfahrens durch das Landgericht bestätigt und die diesbezügliche Beschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.»

    Im deutschsprachigen Raum - so scheint es - hat sich seit Kriegsende eigentlich kaum etwas wesentlich geändert. Im Gegenteil hier hatte sich sogar eine gewisse Steigerung breit machen können, vor allem nach der sogenannten Wiedervereinigung. Und einige denken sogar - und da liegen sie gar nicht einmal so falsch - es habe sich verschlimmert.

    In einer Rede des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (vom September 2000) sagte dieser, ich zitiere: - ... man muß
    «begreifen, daß es nicht mehr um ein so genanntes Randphänomen geht, sondern daß die Gefährdung bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein reicht. Rechtsextremismus ist eben nicht mehr ein parteipolitisch isolierbares Phänomen.
    Nein, jetzt müssen wir begreifen: Es hat sich etwas zum Schlimmen geändert.

    Ausländerfeindlichkeit ist eben bei nicht wenigen Menschen ein fast selbstverständlicher Teil des Alltagsbewußtseins geworden. Der Rechtsextremismus ist geradezu ein kulturelles Phänomen geworden. Er bedient sich unterschiedlicher kultureller Instrumente, um sich zu vermitteln....
    Und er sagte weiter:
    ... Es gibt wirklich, was die Rechtsextremen groß tönend "nationale befreite Zonen" nennen. Wir können es anders nennen: Stadtquartiere und Gegenden, in denen die rechten Schläger und die rechten Ideologen dominieren ... »

    Ich habe bereits in etlichen Ländern der Welt, sozusagen als >Ausländer< gelebt. Und überall habe ich stets Deutsche und Österreicher gesehen, die dort unbeschwert und frei leben durften und tun konnten, was ihnen beliebte. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, daß in anderen europäischen oder außereuropäischen Staaten wie Israel, Amerika, Rußland, Afrika oder Asien irgend ein deutscher Ausländer auf offener Straße gejagt, mißhandelt wurde oder daß man ihre Unterkünfte und Einrichtungen gebrandschatzt hätte. Es wurde auch nirgends wo Deutsche abgeschoben.Dies sind Vorkommnisse, die bedauerlicherweise nur hier, in diesem Land vorkommen - und eine gräßliche Fratze tragen. Nämlich einerseits durch den faschistischen Mob, der Ausländer ungehindert jagen und morden darf, und andrerseits wiederum durch unmenschlichen Behörden-Willen und Exekutiv-Gewalt, die unbarmherzig Flüchtlinge abschieben. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang auch der sogenannte >Erklärungsnotstand< einzelner Politiker, zu den grotesken Auswüchsen der Jung-Nazis, zu finden, ... wer weiß?

    Es ist erschreckend, wenn man die Berichte über die Opfer der rechten Gewalt liest, wie z.B. im Tagesspiegel, vom 14. 9. 2000 wo zu lesen stand:
    «Rechte Gewalt: Seit der Einheit 93 Tote (von Frank Jansen)
    In den zehn Jahren seit der Wiedervereinigung sind erheblich mehr Menschen bei rechten Gewalttaten ums Leben gekommen, als die Bundesregierung bisher bekannt gegeben hat. Anstatt der offiziell genannten Zahl von 26 Toten listen Tagesspiegel und "Frankfurter Rundschau" in einer gemeinsamen Dokumentation 93 Opfer auf. Die meisten Toten, jeweils 32, waren Ausländer und "normale" Deutsche. Hinzu kommen 15 Obdachlose. Die Schläger betrachteten sie als "minderwertig" und fühlten sich damit berechtigt, die "Asozialen" zu töten.
    »

    In seiner Ansprache am 9. November, in Berlin, bestätigte es der Bundespräsident Johannes Rau, mit klaren Worten:
    «Wir beklagen fast 100 Tote, die seit 1990 (also seit der Einheit) Opfer rechtsextremer Täter geworden sind. Menschenfeindliche Ideologen haben jugendliche Herzen und Köpfe vergiftet und verhetzt.
    Die Täter glauben oder behaupten gern, sie handelten im deutschen Namen oder im deutschen Interesse. Das ist eine Beleidigung für unser Vaterland und für alle anständigen Deutschen.
    Wer andere verfolgt oder erschlägt, der ist ein Feind des eigenen Landes. Patriotismus kann nur da gedeihen, wo Rassismus und Nationalismus keine Chance haben. Wir dürfen Patriotismus niemals mit Nationalismus verwechseln. Ein Patriot ist einer, der sein eigenes Vaterland liebt. Ein Nationalist ist einer, der die Vaterländer der anderen verachtet.
    »

    Konservative Haltungen einzelner Menschen oder Politiker ist nichts Arges oder etwa Abwegiges in einem demokratischen Gebilde. Konservatismus darf aber nicht bedeuten, daß Menschen und Gruppen aus einer Gesellschaft ausgegrenzt, beleidigt, mißhandelt und abgeschoben werden dürfen! Denn mit solcher Haltung verwirken sich diese Gesinnungsträger ihren Platz in einer Demokratie unwiderruflich. Solche destruktiven Kräfte müssen verhindert und ins gesellschaftliche Abseits abgedrängt werden.

    Nicht anders ist es mit dem faschistischen Ungeist. Gerade er muß vehement bekämpft werden und zwar von innen heraus. Das hätte eigentlich längst schon geschehen müssen. Denn die Ansicht ist übrigens falsch - wie man sie seit geraumer Zeit vertritt -, daß der Nazi-Terror erst jetzt, oder in jüngster Zeit, also seit 1990, wieder in diesem Lande hervortritt. Richtiger ist: der Faschismus blieb mehr-oder-weniger latent über all die Jahre existent bestehen.
    Intoleranz, Rassenhaß und alles andere was diskriminiert, ist wie ein Krebsgeschwür, daß - sobald es nicht rechtzeitig bekämpft und beseitigt wird - sehr bald (wie schon einmal in der Geschichte) den Geist einer ganzen Gesellschaft überwuchert und auffrißt.

    Der Kampf gegen die Unmenschlichkeit darf aber nicht einseitig, oder von nur ganz wenigen Beherzten betrieben werden; er muß das ganze Volk - oder wenigstens einen größeren Teil davon - ergreifen. Nur mit großen Worten und netten Gesten gegenüber den betroffenen Opfern kann man aber heutzutage diese miese gesellschaftliche Erscheinungsform nicht mehr hinwegzaubern. Der Faschismus und seine Ideologen, müssen von Grund auf, also von der Wurzel her, zerschlagen werden! Vorrangig sind hier gerade die Politiker und mehr noch die Innenminister angesprochen, insbesondere der Bayrische Innenminister, Herr Beckstein, daß nicht ständig leere Worthülsen, sondern endlich entschiedene Taten - sprich: Verbote - folgen sollten. Denn es geht nicht an,- wie es Herr Beckstein oder Herr Edmund Stoiber taten und tun - daß sie in überregionalen Fernseh- und Rundfunk-Anstalten ein eventuelles NPD-Verbot proklamieren, dann aber im eigenen Bayern-Land es zulassen, daß der Nazi-Mob ungeniert und ungehindert aufmarschiert.

    Schließlich ist es bereits auffallend genug, daß die Nazis in Bayern quasi Narrenfreiheit haben, und zwar von Passau bis Nürnberg und von Hof bis Regensburg. In den vergangenen Wochen haben wir es ja miterleben müssen, wie in München die NPD- und andere Nazi-Banden den Marienplatz, den Stachus und andere Orte einnehmen durften. Dieses politische Manövrieren einzelner Ministers und Behörden, meine Damen und Herren, wird - so glaube ich - auch im bayrischen Volksmund als >verlogen< bezeichnet.

    Wie ich schon vorhin sagte, dürfen wir keinesfalls den Anschein glauben, als ob der braune Mob erst jetzt, also >zur Zeit wieder< tätig sei. Der faschistische Zeitgeist weht - in seiner Art und Weise - eigentlich ungebrochen seit 1945 durch sämtliche Bundesländer. Das kommt vielleicht daher, weil die Nazi-Ideologie - weder in Österreich noch in der BRD - jemals tatsächlich ausgerottet wurde;und zwar von der betroffenen Gesellschaft selber! Und auch schon damals, zwischen 1933 und 1945, schwieg die Mehrheit zu den Untaten oder sah einfach weg und machte sich auf diese Art gleichfalls zu Mitschuldigen. Die Nachkriegsjahre waren nicht weniger verlogen: Man rettete sich hinter Persil-Schein-Lügen und vor allem dem «Wiederaufbau», an dem nicht wenige Nazigrößen sich ungeniert beteiligen und daran verdienen durften.

    Die erste Aufklärung über die Nazi-Verbrechen kam deshalb auch nicht von der betroffenen Täter-Generation selber, sondern von außerhalb mittels

    Dokumentationen, die in Amerika, Großbritannien, Frankreich, Holland, in der UdSSR und anderswo erschienen und nur sehr schwer auf dem hiesigen, deutschsprachigen Buchmarkt absetzbar waren.

    Auch der kleinere Aufstand der Studenten, die sogenannte 68er Bewegung, konnten nicht viel ausrichten.
    Und schließlich - auch das ist ein Fakt - kam es bereits seit der frühen Nachkriegszeit immer schon zu größeren antisemitischen Ausschreitungen und Kundgebungen. Brandsätze auf Synagogen und andere jüdische Einrichtungen gibt es ebenfalls unvermindert seit den frühen 50er Jahren. Es scheint nur, daß wir dies alles bloß inzwischen vergessen, beziehungsweise tatkräftig verdrängt haben, genauso wie die NPD-Aufmärsche der 60er und 70er Jahre, wo diese Partei sogar an der Regierung beteiligt war.

    In unserem medialen Zeitalter wird hauptsächlich das Gegenwärtige gesehen und beachtet, ohne aber gewisse historische Zusammenhänge erkennen zu wollen.
    Insofern ist es auch nicht zutreffend wenn wir unentwegt von NEO-Nazis reden, weil an ihrer Gesinnung und ihrem Auftreten ist gar nichts NEO oder Neuartiges!
    Denn:

    • es existiert immer noch der krankhafte Führerkult,
    • es werden immer noch die alten Nazi-Symbole angehimmelt,
    • es ist immer noch der alte mystische Drang nach der sogenannten >arischen Rasse< bei ihnen vergegenwärtigt; und
    • die Berufs-Vertriebenen mit ihren Organisationen fordern unentwegt irgendwelche Ostgebiete.

    Alleine an diesen wenigen Beispielen kann man sehr gut die ungebrochene Kontinuität der ewiggestrigen Ideologie erkennen. Das waren die klassischen Sehnsüchte der alten Faschisten, denn sie hatten keine anderen Ideale, und sie wollten sich auch in der Nachkriegszeit nicht von ihrem krankhaften Wahn befreien - und ihre Enkelkinder nahmen dies als ihr geistiges Erbe an. Darum ist also gar nichts NEO an dieser braunen Mob-Bewegung ... sondern, wie gehabt!

    Die Aufmärsche der Jung-Nazis ebenso, wie die Unfähigkeit der anderen, der vielzitierten Mehrheit, die nicht entschieden genug ist - wie es scheint - das Übel vehement anzupacken. Man möchte sogar meinen als sei alles bloß nur ein altbekanntesRitual: hier die Guten - dort die Bösen, die einander sehr brauchen.

    Zu den klassischen Ritualen zähle ich übrigens auch die jährlichen Veranstaltungen zur >Woche der Brüderlichkeit< und die ebenfalls jährliche Beschwörungsformel:
    Es darf nie wieder passieren - zum 9. November.
    Gewiß, Deutschland ist nicht mehr das Land von 1938, nicht mehr das der Pogromnacht. Ein großer Prozentsatz der Bevölkerung verdammen sogar die Gewalt von Rechts und sind auch weltoffen.

    Richtig ist leider aber auch, daß ein wesentlicher Prozentteil der Bürger weder über Juden noch über die hier lebenden Ausländer bescheid wissen. Und daher schweigen sie zu den Untaten. Was sollen sie auch anderes tun?
    Doch das hilft weder den Juden noch den Asylsuchenden, die heute in Deutschland erneut Angst empfinden. Und als Jude fragt man sich ja auch nicht erst seit dem Jahr 2000, wann man endlich ohne Wachpersonal in die Synagoge gehen und seine Kinder ohne Polizeischutz in den Kindergarten und in die Schule schicken darf.
    Es gibt bekanntlich 365 Tage pro Jahr und an jedem dieser Tage könnte man tatkräftig seine Brüder- und Schwesterlichkeit unter Beweis stellen. Schließlich gibt es Friedhofschändungen oder Brandsätze auf Synagogen und andere Jüdische Einrichtungen nicht erst zum 9. November, sie finden bald schon tag-täglich statt.
    Wozu dann also solche Floskel wie: es darf nie wieder passieren, wenn es doch unentwegt vor unseren Augen geschieht ... und nichts dagegen unternommen wird?!

    Daher sollten auch nicht unentwegt neue Sonder-Gedenktage erfunden werden, mit denen man sich dann ausschließlich um die Belange seiner Minderheiten bemüht. Nein, die Anteilnahme an seine Mitmenschen sollte viel mehr jeden Tag - und vor allem aufrichtig - geübt werden. Denn rituelle Gedenk-Übungen, die ohne entschiedenen Willen begangen werden, sind nicht nur banal sondern auch lächerlich zugleich.
    Darum müssen Wünsche z.B. nach Toleranz und Akzeptanz bewußt und von innen heraus, also von Herz und Geist kommen, und nicht - wie üblich - in oberflächlicher Form, nur, weil das eine oder andere Datum es abverlangen.
    Nach dem Brandanschlag auf die Synagoge von Düsseldorf hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder einen "Aufstand der Anständigen" gegen rechtsextreme Umtriebe gefordert. "Wegschauen ist nicht mehr erlaubt", sagte der Kanzler damals bei seinem Besuch der Synagoge.
    Auch wenn in Berlin die enorme und bewundernswerte Aktion am 9. November stattfand, so möchte ich trotzdem fragen: Aber bitte, wo und wer sind die Anständigen, die der Bundeskanzler Schröder meint, die endlich aufstehen sollten?!
    Ich glaube kaum, daß sie unter jenen Politiker zu finden sind, die noch vor kurzem forderten: Kinder statt Inder, oder eventuell von Überfremdung ihrer Leitkultur faseln. Jene nämlich, die solche Forderungen aufstellten, oder Zuwanderungstopp fordern, weil sie Angst vor Überfremdung haben, wären - so meine ich - mit Sicherheit die allerletzten Vertreter für Anstand und einer demokratischen Gesinnung!

    Zurecht sprach daher der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, in seiner Rede zum 9. November, ganz explizit die deutsche Bevölkerung an, wo er sagte:
    «Machen Sie Ihre demokratisch gewählten Politiker mitverantwortlich für das, was hier geschieht. Was nützt es, in einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages nach den Attentaten auf die Synagogen in Düsseldorf und Berlin in wohlklingenden Reden den Antisemitismus zu verdammen, wenn einige Politiker am nächsten Tag Worte wählen, die missverstanden werden können? (...)
    Meine Damen und Herren Politiker: Überlegen Sie, was Sie sagen, und hören Sie auf, verbal zu zündeln! Schützen Sie die Menschen in diesem Land und schaffen Sie Rahmenbedingungen, damit wir alle gemeinsam leben können.
    Nur so werden Sie allen Bürgern, nicht- jüdischen und jüdischen, sich selbst und der ganzen Welt beweisen können, dass dieses Deutschland im Jahr 2000 wirklich eine demokratische Zukunft hat. (...)
    »

    Und schließlich sagte er noch, und das traf - so meine ich - wie ein Blitzschlag die Gemüter der damit Genannten:
    «Was soll das Gerede um die Leitkultur? Ist es etwa deutsche Leitkultur, Fremde zu jagen, Synagogen anzuzünden, Obdachlose zu töten? (...) In Artikel 1 des Grundgesetzes heißt es: ´Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen ist die Aufgabe staatlicher Gewalt.´ Die Würde des Menschen - aller Menschen ist unantastbar, nicht nur die des mitteleuropäischen Christen! (...)»

    Die sogenannte «Leitkultur» kann auch in Zahlen genannt werden:

    Rechtsextremistische und fremdenfeindliche Straftaten in Deutschland und Baden-Württemberg im Jahr 1998
     
    Baden-Württemberg (1)
    1999(1998)
    Bund (2)
    1999(1998)
    Rechtsextrimistische Straftaten insgesamt 833(898) 10.037(11.049)
    davon:
    fremdenfeindliche Straftaten
    246(302) 2.283(2.643)
    (1) Zahlen des LKA Baden_Württemberg (2) Zahlen des Bundesministeriums des Innern Tabelle: dah
     




    (Pressezitate:)

    Krawalle in Rostock
    In Rostock sind am frühen Sonntagmorgen 72 Jugendliche nach gewalttätigen Ausschreitungen festgenommen worden. Sie hatten in der Innenstadt aus Müllcontainern und Baustellenmaterial eine Barrikade gebaut und angezündet. Dann zogen sie sich ein linksorientiertes Jugendzentrum zurück, das von der Polizei geräumt wurde. (dpa)

    Vietnamese überfallen und krankenhaus geschlagen
    Ein in Rostock lebender Vietnamese ist am späten Freitagabend im Stadtteil Evershagen von vier Männern überfallen und krankenhausreif geschlagen worden. Wie die Polizei am Samstag sagte, war der Geschädigte aus einem Bus gestiegen und kurz darauf von vier Personen im geschätzten Alter zwischen 17 und 25 Jahren festgehalten worden.
    Als er weglaufen wollte, schlugen die Täter ihn zu Boden und traten auf ihn ein. Er mußte mit Frakturen am Jochbein und der Nase sowie mit Stirnverletzungen ins Klinikum gebracht werden. (mdr videotext)

    Festnahmen nach Ausschreitungen in Rostock
    In Rostock sind am Sonntagmorgen etwa 60 Jugendliche nach gewalttätigen Ausschreitungen festgenommen worden. Nach Polizeiangaben hatten rund 100 Jugendliche in der Nacht in der Innenstadt aus Müllcontainern und Baustellenmaterial eine Straßenbarrikade errichtet und angezündet. Polizeibeamte und Feuerwehr, die gegen 01.20 Uhr am Ort des Geschehens eintrafen, wurden von den Jugendlichen zunächst mit Bierflaschen und Steinen beworfen. Dabei wurde ein Polizist am Kopf verletzt. Die Jugendlichen zogen sich in ein nahegelegenes Jugendzentrum zurück, das als linksorientiert gilt..
    (Quelle: Partisan.net Nachrichten vom 28.5.2000)

    ***

    Rechtes Aufmarschgebiet Rostock und Hamburg
    Neonazis wollen Rudolf Hess "gedenken" und gegen Springer-Presse demonstrieren
    Die Kundgebung am kommenden Sonnabend in Tostedt ist den Neonazis gerade untersagt worden, da plant das rechtsextreme Aktionsbüro Norddeutschland schon die nächsten Demonstrationen. Nach Informationen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wollen die Rechten am 19. August durch die Hamburger Innenstadt marschieren.Gleichzeitig planen sie, zum 13. Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess durch Rostock ziehen.
    (....)
    Die CDU nutzt die Sommer-Debatte über die Neonazis derweil dazu, ihre Forderung nach Ausbau des Verfassungsschutzes aufzuwärmen. Ihr stellvertretender Fraktionschef in der Bürgerschaft, Roland Salchow, beklagt Personalabbau beim Landesamt. Immer weniger Mitarbeiter stünden zur Beobachtung der rechten Szene zur Verfügung, sagt er. CDU-Landeschef Dirk Fischer verlangt parallel dazu die "sofortige Einleitung des NPD-Verbotes": Die NPD habe sich zu einem "Zentrum der gewalttätigen und militanten Skinhead- und Neonazi-Szene" entwickelt.
    Quelle: TAZ, Hamburg vom 04.08.2000

    ***

    Korn zieht Parallele zur Pogromnacht ´38
    Antisemitische Anschläge
    Salomon Korn, Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Jüdischen Gemeinde, sieht in den Anschlägen gegen die Düsseldorfer Synagoge, die Gedenkstätte Buchenwald und den jüdischen Friedhof in Schwäbisch Hall am Tag der Einheit "ein Signal". Ähnlich wie in der so genannten Kristallnacht 1938, als in Deutschland die Synagogen angesteckt wurden, laute dieses Signal: "Juden gehören nicht zur deutschen Gesellschaft, Juden können niemals Deutsche werden und wir werden niemals Juden in dieser Gesellschaft als Deutsche akzeptieren", sagte Korn am Mittwoch im Hessischen Rundfunk.
    Auf die Frage, was zu tun sei, formulierte er: "Bei Polizei und Justiz muss sich durchsetzen, dass es sich um Menschenfeinde, um Feinde der Demokratie und Gesellschaft handelt, und nicht nur um Dumme-Jungen-Streiche. Dann wäre schon viel gewonnen." clau
    Quelle: Frankfurter Rundschau vom 05.10.2000

    ***

    Asiaten in Rostock misshandelt - Erneut Übergriffe
    Schily rechnet bald mit NPD-Verbotsantrag
    FRANKFURT A. M., 15. Oktober (dpa/ap). In Ostdeutschland sind erneut Ausländer überfallen und zusammengeschlagen worden: In Rostock erlitten zwei Studenten aus Japan und Korea Verletzungen, als sie auf dem nächtlichen Nachhauseweg von fünf Jugendlichen angehalten und misshandelt wurden. Wie die Polizei am Wochenende mitteilte, ereignete sich die Tat bereits in der Nacht zum Donnerstag. Die beiden Verletzten, die sich ambulant behandeln ließen, hatten sich aber erst am Freitagabend gemeldet.
    (...)
    Auch in Westdeutschland ereignete sich ein Angriff mit höchstwahrscheinlich ausländerfeindlichem Hintergrund:Unbekannte verübten in der Nacht zum Sonntag einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Oberhausen (Nordrhein-Westfalen). Sie hatten drei Molotow-Cocktails gegen die Außenwand des Gebäudes geschleudert. Eine Polizeistreife konnte das Feuer rasch löschen, Menschen kamen nicht zu Schaden.
    Quelle: Frankfurter Rundschau vom 16.10.2000

    ***Ende***

     

    Bei all den Schandtaten welche die Rechtsextremisten bisher verübten geht es nicht bloß um Juden und Ausländer alleine, sondern es geht vorrangig um die Freiheit einer gesamten Gesellschaft. Freiheit und Demokratie - so lehrt es uns das Leben - müssen leider jeden Tag neu erstritten werden.
    Aber, und das vergessen wir zu leicht - es geht auch vorrangig um die Jugend, die gerade heute vor einer großen Leere steht, weil sie von einer selbstsüchtigen Gesellschaft alleine und im Stich gelassen wird.
    Wie können wir also weitere und größere Verbrechen verhindern?
    Indem wir nicht in rituelle Gefühlsdusseleien verfallen, sondern konsequent und kuragiert gegen jede, selbst kleinster Regung einer Diskriminierung vorgehen; daß wir es nicht zulassen, daß Nazis frei in unseren Städten und auf Straßen aufmarschieren und daß ihre perversen Plakate, Flugzetteln und Aufkleber allerorts verschwinden.
    Und schließlich sollten wir uns alle darum bemühen, für die am Rande stehenden Jugendlichen, neue demokratische Werte zu schaffen und diese ihnen zu übermitteln, damit sie - und wir mit ihnen - in eine gesicherte, friedvolle Zukunft blicken und schreiten können.
    Miteinander und voneinander lernen sollte daher unsere entschlossene Devise sein, um auf unserem Planeten frei und glücklich leben zu können. Und dabei sollten die ewig-gestrigen und klein-karierten Nationalismen und Ressentiments endlich über Bord geworfen werden.

    Packen wir es an - unsere Feinde heißen immer noch: Faschismus, Rassismus und Intoleranz!

    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

     
     
 
 
 
          
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